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Edmund White: Die Gaben der Schönheit

Edmund White: Die Gaben der Schönheit

Dt. v. Peter Peschke. D 2016, 384 S., geb., € 23.70
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Albino
Inhalt
Edmund White geht heute auf die 80 zu und als Autor wirkt er dennoch keineswegs eingerostet oder verschleißt. Schon mit Titeln wie »Hotel de Dream« oder »Jack Holmes und sein Freund« hatte er bewiesen, dass er mehr kann als (auto)biografische Texte/Romane zu verfassen. Mit »Die Gaben der Schönheit« setzt er noch eins drauf - hier schlägt er erstmals einen untypisch humorigen Ton an. Dabei zieht er seine Romanfiguren nicht durch den Kakao. Vielmehr geht White sehr subtil - mit einem Augenzwinkern - vor. »Die Gaben der Schönheit«, das in der Männermodelbranche der 1980er Jahre angesiedelt ist, spart White ernste Themen wie die Auswirkungen der Aidskrise auf schwule Männer oder die Eitelkeit des Modeljetsets nicht aus. Die Hauptfigur Guy - ein wunderschöner Franzose, der es erst in Europa, später in den USA zu großem Erfolg als Model bringt - ist ein moderner Dorian Gray. Mit annähernd 40 sieht er immer noch wie ein Anfang Zwanzigjähriger aus. Doch anders als der Dorian Gray in Wildes Roman gibt es kein düsteres Geheimnis, auf das Guys unvergängliche Jugend zurückzuführen ist - seine Erklärung: es seien die guten Gene und eine maßvolle Ernährung. Doch viele in seiner Umgebung vermuten, dass er irgendwo hinter einem Vorhang ein Bild versteckt hält, das die wahren Spuren des Alters zeigt. Guy ist in einfachen Verhältnissen in der Provinzstadt Clermont-Ferrand geboren worden. Anders als seine Geschwister legt er schon früh eine gewisse Sensibilität an den Tag, die ihn zum Außenseiter werden lässt. Ihm hilft, dass er auf eine atemberaubende Weise gut aussieht. Als er eines Tages von der Provinz nach Paris fährt, läuft er durch Zufall einem Modelscout in die Arme, der sofort Guys Potenzial erkennt und ihm ein großartiges Angebot macht. Guy soll sich als Model versuchen. Nach anfangs etwas wackligen Shootings zieht Guy große Aufträge an Land und wird zunehmend für die großen Namen in der Branche gebucht. Innerhalb kürzester Zeit wird er zum Shooting Star am Modelhimmel. Sein Aussehen öffnet ihm die Türen des Jet Sets. Und irgendwann ist für ihn der Sprung über den großen Teich unausweichlich. Zwar braucht er Zeit, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Aber als Franzose mit seinem süßen Akzent und den sonderbaren Angewohnheiten - dazu ein sexy Körper und ein Gesicht zum Dahinschmelzen - fällt es ihm nicht schwer, neue Freunde zu finden, die seinem Charme und seiner Attraktivität erliegen. Männer - wie Fred, der verheiratet gewesen war und erst spät zu seiner Homosexualität gefunden hat - versuchen Guy mit teuren, wirklich teuren Geschenken an sich zu binden. Der eine schenkt ihm ein ganzes Haus in New York City - ein anderer kauft für ihn ein Haus auf Fire Island, das er ihm vermacht. Meist führen die Geschenke nicht zu dem Ziel, das sich der Schenkende erhofft hat. Guy ist nicht käuflich. Und später beginnt Guy eine heiße Affäre mit dem Latino-Kunststudenten Andres, der zu seinem Boyfriend wird. Andres wird geplagt von Minderwertigkeitsgefühlen gegenüber Guy und fälscht Kunstwerke von Dalì, die er verkauft, um mit Guys luxuriösem Lebensstil mithalten zu können. Andres fliegt auf und wandert ins Gefängnis. Dort wird Andres auf eine paranoide Weise immer besitzergreifender, während Guy in einem Fitnesscenter beim Training einen schwulen Zwilling kennenlernt, mit dem er seine nächste Affäre beginnt. Die Konstellation wird noch prekärer, als Andres Guy bittet, seinen 15-jährigen Neffen, der in kaputten Verhältnissen aufgewachsen ist und dem die Abschiebung aus den USA droht, bei sich aufzunehmen. Einerseits verkompliziert die Anwesenheit des unansehnlichen heterosexuellen Früchtchens die Beziehung zu Kevin - dem jugendlichen Liebhaber von Guy. Zum anderen darf Andres im Gefängnis unter keinen Umständen erfahren, dass Guy draußen schon längst einen neuen hat. Diese Konstellation kann unter keinen Umständen lange gutgehen. Die Situation spitzt sich zu. Ich mag die Bücher von Edmund White, mochte sie schon immer - egal, ob es autobiografisch angehauchte Romane, die Biografie eines geliebten Autors wie Jean Genet, Reisebeschreibungen über Paris oder komplex gestrickte Romane wie »Hotel de Dream« sind. Er versteht es als Autor unaufdringlich zu sein und den Leser trotzdem mit seiner Art zu schreiben zu beeindrucken. Besonders gefallen hat mir an seinem neuen Buch, die geschickte Art, mit der er seine Romanfiguren nicht ganz so ernst nimmt, sie aber dennoch nicht durch den Kakao zieht. Auch finde ich die Art und Weise, wie er das Dorian-Gray-Motiv aus dem Roman von Oscar Wilde hier subtil aufgreift, ohne es überzustrapazieren. Wieder einmal hat White hiermit unter Beweis gestellt, dass er zu den wichtigsten zeitgenössischen schwulen Autoren zählt.
Jürgen empfiehlt (Sommer 2017)
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