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Jens Nordalm: Der schöne Deutsche

Jens Nordalm: Der schöne Deutsche

Das Leben des Gottfried von Cramm. D 2021, 288 S., geb., € 24.70
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Rowohlt
Inhalt
Bis zu Boris Becker war Gottfried von Cramm - als »Tennisbaron« bekannt - der bedeutendste deutsche Tennisspieler. Bis zum 2. Weltkrieg war er enorm erfolgreich, aber auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt. Ihm halfen sein gutes Aussehen, seine spielerische Eleganz und seine Fairness gegenüber den Gegnern im Spiel, mit der er positiv auffiel. Und anders als andere Sportler seiner Zeit ließ er sich nicht von den Nazis ködern und auf ihre Seite ziehen, sondern bewahrte gegenüber dem faschistischen Regime eine resolute Distanz, die auf seine Herkunft (aus niedersächsischem Adel) zurückzuführen ist. Die Nazis versuchten ihm dann einen Strick aus seiner Homosexualität zu drehen: obwohl mit einer Schulliebe verheiratet, hatte er immer auch schwule Affären und Beziehungen - besonders während seiner Zeit als junger experimentierfreudiger Beau und gefragter Sportler im Berlin der Goldenen Zwanziger. Er äußerte sich kritisch gegenüber dem Nazismus, was ihm letztendlich eine Verurteilung nach §175 StGB und eine Gefängnisstrafe einbrachte. Erst als er sich freiwillig zum Kriegseinsatz in der Wehrmacht meldete, wurde er entlassen. In der Kriegszeit scheint er auch Kontakt zum Widerstand gegen Hitler gehabt zu haben. Inhaftierung und Krieg haben einen Knick in seiner glanzvollen Karriere verursacht. Auch wenn er nach dem 2. Weltkrieg wieder im Tennis zu spielen begann, konnte er nicht an seine früheren Erfolge anknüpfen. Zudem hing ihm die Verurteilung nach §175 an - Länder wie die USA ließen ihn als »Sexualstraftäter « nicht mehr einreisen. Versuche, diese Verurteilung aus seinem Strafregister tilgen zu lassen, führten zu nichts. In der Nachkriegszeit heiratete er die reichste Frau der Welt, die Woolworth-Erbin Barbara Hutton. Aber ebenso wie der Ehe mit seinem Vorgänger bei ihr, Cary Grant, wurde auch dieser neuen Ehe zwischen den so verschiedenen Eheleuten kein langer Bestand zuteil. Die Biografie von Cramms zeigt eindrücklich einen sympathischen Weltstar, der international beliebt und auch für seinen Sportgeist geachtet war. Bis zum Weltkrieg, als ihn die Nazis in der Versenkung verschwinden lassen wollten, und auch danach galt er als der Vorzeigedeutsche, ein »schöner Deutscher«, für den man sich - anders als für den »hässlichen Deutschen« - nicht schämen musste. Dem Autor der Biografie wurde Zugang zum Privatarchiv der Familie von Cramm auf ihrem niedersächsischen Schloss gewährt. Briefe, Aufzeichnungen und Fotos aus dem Archiv ergeben ein faszinierendes Bild des Ausnahmesportlers, dessen Unbeugsamkeit ihm beinahe zum Verhängnis wurde. Bemerkenswert an der Figur des von Cramm ist seine schillernde moderne Internationalität in einer Zeit, in der Deutschland immer provinzieller und rückwärtsgewandter geworden ist. Er bewies Rückgrat in einer schwierigen Zeit, in der viele Menschen es sich mit den neuen brutalen Machtverhältnissen gerichtet haben und eingeknickt sind gegenüber den Einschüchterungsmaßnahmen der Nazis. Er ließ sich weder einschüchtern noch brechen durch Inhaftierung oder Kriegseinsatz. Immer bewahrte er sich seine sportliche Fairness - ein echtes Vorbild - auch heute noch.
Veit empfiehlt (Winter 2022/23)
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