»Der Kreis«
Die »Mutter« aller europäischen Homosexuellenorganisationen
Als im Jänner 1933 die Nazis im Deutschen Reich an die Macht gelangten, begannen sie bald mit der Zerschlagung der ersten Schwulenbewegung - kulminierend in der Zerstörung des Berliner Instituts für Sexualforschung von Magnus Hirschfeld im Mai des gleichen Jahres. Viele Schwule flohen im selben und in den folgenden Jahren aus Deutschland in die Schweiz.
Dort gab es mit »Der Kreis« eine kleine funktionierende Schwulenorganisation, die zum Sammelbecken für Schwule aus verschiedenen Ländern wurde und auch eine Zeitschrift gleichen Namens herausgab, die phasenweise das einzige Schwulenmagazin der Welt war. »Der Kreis« stellt die Brücke dar zwischen der ersten Schwulenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts und der zweiten Schwulenbewegung, die im Anschluss an die Stonewall Riots auch in Deutschland Fuß fasste.
Es gibt einige Titel in unserem Sortiment, die sich mit der »Mutter« aller europäischen Homosexuellenorganisationen und den sie repräsentierenden Personen befasst.
Bislang war das einzige Buch über »Der Kreis« - die als Band 19 der
Bibliothek rosa Winkel erschienene Monografie von Hubert Kennedy aus dem Jahr 1999.
Im Fokus dieses Buches stehen Ereignisse und Personen der »Homophilenbewegung« von 1946-1967, von denen in der Zeitschrift »Der Kreis« die Rede war. Aus den literarischen Beiträgen, die den Großteil der Hefte ausmachten, ebenso wie aus den Kommentaren leitete Kennedy das dort propagierte Bild vom »idealen Homosexuellen« ab.
2012 erschien in der Schweiz das Buch »Verborgene Liebe« von Barbara Bosshard, in dem sie die
Geschichte des Schweizerischen Schwulenpaares Röbi und Ernst erzählt. Die beiden sind sich auf einem der Schwulenbälle der 1960er Jahre begegnet, die »Der Kreis« regelmäßig veranstaltet hat, bis diese polizeilich verboten wurden, was zum Niedergang von »Der Kreis« Ende der 1960er Jahre wesentlich beitrug. Vor allem Ernst hat sich stark in »Der Kreis« engagiert. Aus den beiden wurde bereits in den 1960er Jahren ein Paar, das bis heute zusammengeblieben ist. 2003 haben sich die beiden als erstes homosexuelles Paar im Kanton Zürich verpartnert. In der aktuellen Verfilmung »Der Kreis« wurde Ernst und Röbis Lebensgeschichte exemplarisch herangezogen, um das Wirken und den Niedergang der »Mutter« aller europäischen Homosexuellenorganisationen auf den Punkt zu bringen.
Im Vorfeld der Veröffentlichung des Films »Der Kreis« gab der Verlag Edition Salzgeber eine
Sammlung von Beiträgen aus diversen Heften von »Der Kreis« heraus. Zeitweise war »Der Kreis« das weltweit einzige Schwulenmagazin. Es erschien 25 Jahre lang (zwischen 1943 und 1967) monatlich. Diese Sammlung vermittelt einen Einblick in die Lebensumstände schwuler Männer um die Mitte des 20. Jahrhunderts.
Der Film »Der Kreis« versucht die gleichnamige Schwulenorganisation samt Publikation am Beispiel des exponierten Schwulenpaares Ernst und Röbi greifbar zu machen. Der Film blickt von der Gegenwart zurück in jene Vergangenheit, in der »Der Kreis« als Schwulenorganisation seine Blütezeit erlebt und dann einem langsamen Niedergang entgegengeht, nachdem die Polizei eine gezielte homophobe Hetze begonnen hat. Mit Zunahme der Repressionen gegenüber Schwulen in Zürich wird aus der Liebe der beiden unterschiedlichen Männer ein Kampf um gleiche Rechte.
»Der Kreis« stellt ein wichtiges Bindeglied dar. Er verband die erste Schwulenbewegung, die von den Nazis ausgelöscht wurde, mit der zweiten Schwulenbewegung, die sich - ausgelöst durch Stonewall - auch nach Europa herüber ausbreitete. Diese wichtige Verbindung war lange in Vergessenheit geraten. Die Tatsache, dass ihr nun mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, reflektiert ihre Bedeutung.
Wir haben es hier mit einem Eckpfeiler der Schwulengeschichte zu tun.
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