Florian Mildenberger präsentiert das Buch »Flügel« von Michail Kusmin

Buchpräsentation und Vortrag am 28. Juni 2018

Schwulenromane vor 1970 haben meist den gleichen Handlungsstrang: Junger Mann, gepeinigt von Selbstzweifeln, trifft Seelenverwandten, kurzes Glück, dann folgt Verrat und entweder bringt sich einer der beiden um und der andere heiratet eine Frau oder sie sterben beide. Ganz anders liegt die Sache bei Michail Kusmin. Sein Protagonist ist zwar ein unsicherer junger Mann, der aber fest entschlossen ist, die ihn umgebende Welt zu ergründen. Das ist das großbürgerliche St. Petersburg in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Hier lernt er einen älteren Freund der Familie kennen, wobei die Wertschätzung gegenseitig ist und weder in Skandal noch Selbstmord endet. Stattdessen gibt es ein Happy End in Form einer schwulen Beziehung im sonnigen Italien. Bis es soweit ist, erfahren Protagonist und Leser viel über wankende gesellschaftliche Moralvorstellungen, die Besonderheiten von Dampfbädern für Herren und wie schmal der Grat zwischen Prostitution und Liebe sein kann. Schon Zeitgenossen erkannten das Potential des Romans. So lobte Magnus Hirschfelds Mitstreiter Kurt Hiller Kusmins Werk als bahnbrechend. Aber auch die Gegner der schwulen Emanzipation bemerkten Kusmin. Nicht zufällig erschien das Buch in Russland erst wieder nach 1990. Auch im Westen wurde Kusmin schnell vergessen.

Über das Buch
»... und die Menschen sahen, dass jede Schönheit, jede Liebe von den Göttern kommt, und wurden frei und kühn, und ihnen wuchsen Flügel.« Russland um 1900. Wanja Smurow kommt als junger Gymnasiast aus der Provinz nach St. Petersburg, lernt unter­schied­lichste Kreise der russischen Gesellschaft und - immer voller Staunen - die Vielfalt zwischenmenschlicher Beziehungen kennen. Episoden und Impressionen, Platons Philosophie und eine Überfülle kultureller Reminiszenzen markieren den Weg des Jünglings, der schließlich in Italien zu sich selbst (und einem älteren Partner) findet. Der Roman weist viele autobiografische Elemente auf, wie Kusmins »Erbauliche Geschichte meiner Anfänge« zeigt, die sich im Anhang des Romans befindet. Das Nachwort zu diesem über 100 Jahre alten Coming-out-Roman von Kusmin hat Florian Mildenberger verfasst.
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Über den Herausgeber
Florian G. Mildenberger (geb. 1973), Professor für Geschichte der Medizin und Privatgelehrter. Wohnt in Berlin. Forschungsschwerpunkte: Sexuelle, soziale und heilkundliche Subkulturen im 19./20. Jahrhundert. Im Rahmen eines größeren Forschungsvorhabens zu Literaturzensur in Deutschland vor 1933 stieß er auf das Buch von Kusmin. Es gab zwei Übersetzungen aus dem Russischen und mit Hilfe russischer Freunde konnte er die bessere Variante benennen und noch ein Nachwort dazu verfassen.
Bücher von Florian Mildenberger

Florian Mildenberger präsentiert das Buch »Flügel« von Michail Kusmin
Donnerstag, 28. Juni 2018, 19.30 Uhr
ORT: Buchhandlung Löwenherz, Berggasse 8, 1090 Wien
Eintritt frei

Aktuelle Veranstaltungen

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DI 14. Mai, 19.30 Uhr
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DO 24. Mai, 19.30 Uhr
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DO 26. Sept., 19.30 Uhr
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MI 30. Okt., 19.30 Uhr
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