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Simon Chung (R): Innocent

Simon Chung (R): Innocent

CAN/Hongkong 2005, OF, dt.UT, 80 min., € 24.99
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Bildkraft
Inhalt
Eigentlich könnte Erics Leben wunderbar so weiter gehen wie im Moment. Er lebt als schwuler 16jähriger mit seiner Familie in der chinesischen Megametropole Hongkong. In der Schule läuft's ganz gut. Außerdem hat er gerade damit begonnen, die schöne neue schwule Welt für sich zu erkunden. Mit seinem Freund verbringt Eric fast die ganze Freizeit. »Es« hätte auch schon zwischen den beiden passieren können, wäre den beiden nicht der nötige Mut ausgegangen. Aber sie sind ja noch jung. Und Gelegenheiten gibt es noch viele. Eric denkt sich nicht viel dabei, als seine Eltern eines Tages ankündigen, zwecks Urlaubs nach Kanada verreisen zu wollen. Da niemand mit ihm und seiner Schwester Doris darüber geredet hat, geht er davon aus, dass er das Heimweh und die Sehnsucht nach dem daheim bleibenden Freund wohl irgendwie überstehen wird. Wie lang kann so eine Reise schon dauern? Zwei Wochen? Einen Monat vielleicht, wenn's hoch kommt? Also fliegt die vierköpfige Familie nach Toronto und kommt in einer Vorstadt bei schon länger ausgewanderten Verwandten unter. Eric schließt auf Anhieb Freundschaft mit seinem Hockey spielenden, älteren Cousin Chris, in den er sich gleich ein bisschen verschaut hat. Doch der hat eine Freundin. Und so lässt es Eric bleiben, sich weiter Hoffnung zu machen, aus ihm und dem athletischen Chris könnte mehr werden. Allmählich rücken die Eltern mit der Wahrheit heraus: es wird keine Rückkehr nach China geben. Die Auswanderung war von vornherein beschlossene Sache (auch wenn die beiden Kinder nicht eingeweiht waren). Nach anfänglicher Angefressenheit, vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein, beginnt Eric sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Er besucht die Schule und findet neuen Anschluss. Insbesondere hat es ihm der coole Jim angetan. Aber noch - obwohl er sich extrem von ihm angezogen fühlt - traut sich Eric nicht, Jim reinen Wein einzuschenken und himmelt ihn nur wortlos an. Da lernt Eric im schwulen Buchladen »Glad Day« einen älteren Kanadier kennen, der sich auf Anhieb um den jungen Chinesen kümmert. Nach einigen Frustrationen mit der Familie gibt Eric Larrys Annährungsversuchen gegenüber nach und geht mit ihm ins Bett - allerdings nach Erics Spielregeln. Solange sich nichts Besseres findet, führen die beiden diese geile Affäre fort. Zaghaft entsteht zwischen Eric und Larry eine Freundschaft: Larry steht auf junge Asiaten, und Eric braucht einen väterlichen Freund, der ihm Halt bietet, während daheim die Zeichen auf Sturm stehen. Die Ehe der Eltern ist in eine Krise geraten, nachdem die Mutter sich mit einem Restaurant selbständig gemacht hat und nun überaus eng mit ihrem »Berater« zusammenarbeitet. Der Vater findet sich in der neuen Heimat überhaupt nicht zurecht. Nachdem er sich Heteropornos hat besorgen lassen und regelmäßig Quickies mit einem kanadischen Girl im Park hat, werden die Risse in der Ehe dermaßen offenbar, dass auch Eric und Doris ihre Augen davor nicht mehr verschließen können. Eines Tages - ohne Ankündigung - ist ihr Vater verschwunden. Auf Krankenbesuch bei der Oma in China - wie es heißt. Eric wird nun immer stärker bewusst, dass er in den Mitschüler Jim verknallt ist. Ermutigt von Larry nutzt er die nächstbeste Gelegenheit, um dem verdutzten Freund durch einen Kuss die bislang geheim gehaltene Liebe zu demonstrieren. Doch der Ahnungslose reagiert anders als erwartet: statt den Kuss zurückzugeben ist er bestürzt und will Eric so schnell wie möglich aus dem Haus haben. Dann - zu allem Überdruss - outet er Eric auch noch in der Schule. Jeden Versuch Erics, eine Aussprache mit ihm herbeizuführen, blockt Jim ab. Er will nicht einmal mehr neben seinem ehemaligen Freund sitzen. Eric ist am Boden zerstört. Mehr als schon zuvor fühlt sich Eric nun als Außenseiter in der Klasse. Die Klassenrüpel setzen ihm mit Spott und Schneeballwürfen zu. Glücklicherweise hat Erics Mutter ihm angeboten, doch in ihrem Lokal als Kellner auszuhelfen. Eric nutzt die Gelegenheit, um der verpatzten Schulsituation zu entfliehen und fängt in dem neuen Lokal an. Eigentlich würde Eric am liebsten auf der Stelle nach Hongkong zurückkehren und dieses Leben voller Rückschläge in Kanada ein für alle Mal zurücklassen. Er nimmt sich Mutters Kreditkarte und fliegt damit auf. Durch diese missglückte Aktion wird der Mutter erst bewusst, wie verzweifelt ihr Sohn eigentlich schon ist. Und doch gelingt es ihr nicht, das Vertrauen zwischen Mutter und Sohn wiederherzustellen - zumal sie erst durch schwule Sexhefte in Erics Zimmer auf dessen Homosexualität stößt. Als Eric nun zu Larry zurückkehrt - in der Hoffnung, der Sexbeziehung mit Larry vielleicht eine dauerhafte Note zu verleihen (oder auch nur eine starke Schulter zum Ausheulen zu haben) -, trifft er auf Larrys Filipino-Boyfriend. Das Gespräch verläuft dermaßen desillusionierend für Eric, dass er wieder abhaut, bevor Larry von der Arbeit zurückkehrt. Nun lernt Eric bei der Arbeit eine der männlichen Küchenhilfen näher kennen. Natürlich schwelgt er sofort in der Möglichkeit eines Verhältnisses, traut sich aber nicht recht. Als es sich ergibt, hauen die beiden nach New York ab. Simon Chung erzählt mit »Innocent« die Geschichte eines jungen Schwulen, der sich von Rückschlägen auf seiner Suche nach Liebe nicht entmutigen lässt. Er lässt hier auch extrem realistisch einen Migrationshintergrund einfließen, der nicht Klischees folgt, sondern vielmehr unvoreingenommen die Auswirkungen schildert, wie man sich fühlt, wenn man von heute auf morgen aus der gewohnten Umgebung herausgerissen wird und sich plötzlich in einer fremden Welt wieder findet, in der man sich nur schwer zurechtfindet. Die Rolle des jungen Entwurzelten spielt der junge Timothy Lee extrem überzeugend - mit einem perfekt austarierten Gleichgewicht zwischen sensibler Zerbrechlichkeit und Gier auf Leben. Einziger Kritikpunkt an »Innocent«: der abrupte Schluss lässt einfach zu viel offen. Das schreit nach einer Fortsetzung. (Jürgen empfiehlt, Frühlings Katalog 2008)
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