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Pauline Delabroy-Allard: Es ist Sarah

Pauline Delabroy-Allard: Es ist Sarah

Dt. v. Sina de Malafosse. D 2019,220 S., geb., € 22.62
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Frankfurter Verlagsanstalt
Inhalt
Ein französisches Buch, durch und durch. Die Erzählerin, deren Namen wir nicht erfahren, bleibt imaginär und schemenhaft. Wir erfahren von ihr nur, dass der Vater ihrer Tochter sie plötzlich verlassen hat, dass sie Lehrerin ist, und dass es einen jungen Bulgaren als neuen Freund gibt, der aber keine Rolle spielt und nie auftaucht. Sie scheint ihr Leben eher antriebslos und gelangweilt zu leben. Bis auf einer Silvesterparty die Violinistin Sarah in ihr Leben platzt: sie ist zu laut, zu grell geschminkt, zu nachlässig gekleidet, lacht zu viel und trinkt zu viel. Aber im Gegensatz zur Erzählerin ist sie temperamentvoll und voller Feuer. Ein Satz der immer wiederkehrt: »Sie ist lebendig.« Sarah gesteht der Erzählerin ihre Liebe während sie für die nächste Zigarette ein Streichholz anzündet. Von da an ist der Geruch von Schwefel unweigerlich mit dieser Liebeserklärung verbunden. Aber ist es Liebe? Wohl eher Obsession, Sucht, Begierde, Verfallen sein, sich Auflösen, sich Verzehren. Es wird keine wirkliche Geschichte erzählt, der Alltag der beiden Frauen findet nur am Rande statt. Das Kind erleben wir nur beim Frühstück oder wenn es zur Schule gebracht wird. Der Erzählerin geht unambitioniert arbeiten und reist so oft sie kann der geliebten Sarah hinterher, die als berühmte Musikerin von einer Aufführung zur anderen hetzt. Zwei Frauen, die sich begehren, atemlos, hypnotisch, rasend, verschmelzend, fatalistisch. Geradezu zwangsläufig ist Sarah im zweiten Teil des Romans nicht mehr lebendig, sondern: sie ist tot - scheinbar, die bedingungslos Liebende weiß es nicht genau: »Sie verlässt mein Leben, wie sie es betreten hat, schwungvoll, siegreich.« Sarahs Ausbrüche, Kapriolen und Verletzungen erinnern mich an Borderline-Persönlichkeiten, deren Pendant die sich völlig auflösende co-abhängige Erzählerin darstellt. Eine toxische Liebe, die nur in der Zerstörung enden kann. Die Erzählerin haut aus Paris ab, verlässt ihr Kind, ihre Arbeit und sucht sich selbst in Triest, in der Einsamkeit und im Wahnsinn: »Ohne Dich bin ich immer noch ich.« Dieser erste Roman der Autorin ist sprachlich so dicht und eindringlich und so gewaltvoll wie diese tragische Liebe. Aber meine Begeisterung bleibt ambivalent: So faszinierend das Stakkato der poetischen Wörter und Sätze auf mich wirkt, so schmerzhaft empfinde ich das selbstzerstörerische Lieben der Erzählerin und Sarahs verzweifelte Leidenschaft. Zwei Frauen, die sich begehren und dabei Auflösen und Auslöschen. - Nach Beenden der Lektüre wollte ich die alten geliebten Truffaut Filme mir wieder anschauen, nicht nur weil die Filme für die Protagonistinnen eine Rolle spielen, sondern weil ich in dieser Stimmung noch eine Weile verweilen wollte. Das ist es wohl, was den Roman so einzigartig macht: Er lässt nicht los, er will bleiben, er sucht seinen Nachhall.
(Ilona Bubeck empfiehlt - Winter 2019/20)
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