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Samar Yazbek: Die Fremde im Spiegel

Samar Yazbek: Die Fremde im Spiegel

Dt. v. Larissa Bender. CH 2015, 156 S., € 11.30
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Inhalt
Samar Yazbek, Journalistin und Gegnerin des Assad-Regimes ist eine mutige Kämpferin für Frauen- und Bürgerrechte. Sie kennt das harte Leben in Syrien, die Missstände. Sie weiß, wie der syrische Frühling in einen blutigen Sommer nahtlos übergegangen ist. Mit ihrem Roman "Die Fremde im Spiegel" hat die Autorin in Syrien eine große Debatte ausgelöst. Zu Beginn erwischt Hanan al-Haschimi ihre Dienerin Alia mit ihrem Ehemann im Bett. Sie ist außer sich vor Wut und wirft sie noch in der selben Nacht aus dem Haus. Erst als sie Alia aus dem Fenster hinter einem Vorhang nachsieht, wird ihr bewusst, was sie getan hat. Alia war ihre Geliebte von Anfang an, als sie das Haus für ihre Dienste betrat. Zwischen Trauer und Wahn versucht sie Alia eher zu vergessen, nahezu auszuradieren und doch zu reflektieren. Die Außergewöhnlichkeit einer lesbischen Liebe in Syrien, in einem Land, in dem dies unter Todesstrafe/Steinigung steht, wurde so noch nicht erzählt. Und in der Lebensrealität der beiden Frauen zeigt sie die schonungslose Schere zwischen Arm und Reich, in die beide in ihrer Rolle als Frau auf ihre Weise gefangen sind. Immer wieder gibt es aus Hanans und Alias Leben Gedanken, Eindrücke aber auch Erinnerungen. Beide erleben die Gegenwart komplett unterschiedlich. Hanan umgeben von allem, was sie braucht und Alia mit dem Rückblick, wie schön sie es einst in diesem großzügigen Haus hatte. Dort gab es Wärme, Essen, ein haltendes Dach. Nicht wie in dem Speckgürtel von Damaskus, wo Armut und Gewalt regiert, Hütten nur sporadisch gebaut werden und durch die Ritzen der Regen und die Kälte des Winters kommt, wo Kinder mit dreckiger Kleidung und verrotzten Nasen rumsitzen, es kaum Arbeit gibt, und anstatt Fenster mit Gardinen nur Blechwände der Ausblick sind. Es sind Kontraste, die ich in dieser ausschmückenden Sprache fast fühlen kann. Auf der einen Seite ist eine wohlhabende syrische Familie der Oberschicht, und auf der anderen Seite die erniedrigende Armut, aus der die Auflehnung gegen Assad entstanden ist.

Alia erlebte in ihrem ganzen Leben nur Gewalt und Herrschaft. Ihr Vater ein Tyrann, der nicht nur sie, sondern auch die ganze Familie schlägt, die Mutter vergewaltigt. All dies muss Alia mit ihren Kinderaugen sehen und ertragen. Als sie mit elf Jahren zu Hanan und deren Mann in ein sehr luxuriöses Haus kommt nähert sich ihr Hanan schnell körperlich. Erschreckend ist das Machtverhältnis und die Herrschaft über sie. Als Alia zur Frau heranwächst, gewöhnt sie sich an die Streicheleinheiten und die körperliche Nähe. Das Buch muss genau gelesen werden, um hier auch den Missbrauch zu erkennen. Hanan, die ihren um Jahre älteren Cousin heiraten musste, von dem sie von Anfang an wusste, dass sie ihn nie lieben wird, wird bewusst, wie sehr sie Alia vermisst und zum Leben braucht. Nach einiger Zeit fährt sie Alia suchen. Das Buch von Samar Yazbek gibt einen tiefen Einblick in die Gegensätze der syrischen Gesellschaft und der daraus resultierenden Konflikte. Alia, die für Frauen steht, die kein Recht auf ein eigenes Leben haben, zeigt trotz der Wunden und Verletzungen Stärke und den Willen zum Überleben.

(Ilona Bubeck empfiehlt - Frühling 2015)
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