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Emma Donoghue: Zarte Landung

Emma Donoghue: Zarte Landung

Dt. v. Adele Marx. D 2014, 360 S., geb., € 23.60
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Krug und Schadenberg
Inhalt
Ich dachte, auf alle Liebesgeschichten allergisch zu sein, aber »Zarte Landung« hat mich eines Besseren belehrt. Eine Liebesgeschichte, zudem noch eine lesbische, kann so klug und feinsinnig, so komisch und verwegen sein, und vor allem wie diese so meisterlich geschrieben, dass ich manche Sätze immer und immer wieder lesen wollte, und das bei über 400 Seiten.
Jude, eine 25jährige Butch und sonderbare »Hinterwäldlerin« lebt in einem 600 Seelendorf im ländlichen Ireland, Ontario, fernab von Toronto. Und da ist sie ausgerechnet Leiterin eines kleinen Heimatmuseums, das es ohne sie wahrscheinlich gar nicht mehr geben würde. Und obwohl Jude fliegen hasst, muss sie nach London, um ihre kranke Mutter heimzuholen, mit der sie zusammenlebt. Auf dem Flug von Toronto nach London trifft sie auf die attraktive Flugbegleiterin Sile. Und was jetzt in den üblichen Kitsch abgleiten könnte, ist dank Donoghue eine eher verstörende Begegnung, die zwei Frauen in ihren Eigenheiten und menschlichen Regungen zeigt. Nur ein kurzes gemeinsames Kaffeetrinken hinterlässt bei beiden Spuren, Gefühle, Träume, die mehr wollen.
Sile ist 14 Jahre älter, lebt in Dublin, und ihr ist ihre indische Mutter eher anzusehen als ihr irischer Vater. Sie ist durch und durch High-Femme, Städterin und Kosmopolitin. Sie genießt es, von einer Weltstadt in die andere zu fliegen, und wohnt in Dublin alleine, obwohl sie seit fünf Jahren eine gut funktionierende Beziehung hat. Aber diese ist so eintönig, wie es klingt, und die zurückgezogene Jude geht ihr nicht mehr aus dem Kopf. Eine Liebe entsteht, über Briefe, Emails, bald auch Telefonaten, und irgendwann auch wagen sie gegenseitige verlängerte Wochenendbesuche. Und fast nebenbei erfahren wir die komplexen Lebenswelten der beiden gegensätzlichen Frauen, und was es heißt, mitten im pulsierenden Dublin oder irgendwo in der finstersten Provinz Kanadas zu leben. Einer der schönsten Momente beim Lesen war der erste Besuch von Sile bei Jude im tief verschneiten Kanada. »Ich bin in die Vergangenheit gereist, dachte Sile. Ich bin bei den verdammten Amischen gelandet, wie Harrison Ford in ?Der einzige Zeuge?«.
Die Unmöglichkeit und Möglichkeit eine Liebe über mehr als 5000 km hinweg zu leben, bedeutet für beide ein hohes Maß an Vertrauen und Konfliktfähigkeit, zumal die Zwischentöne über Gestik und Mimik durch die Entfernung nicht zum Tragen kommen können. Beide Frauen sind tief verwurzelt in ihrem Leben mit Familie und Freunden in Kanada bzw. in Dublin und eine Lösung, sich mehr zu sehen oder gar zusammen zu leben, scheint unerreichbar. Doch selbst am Schluss noch überraschte mich die Autorin mit anhaltender Spannung und einer unerwarteten Wendung.
Am Ende des Romans glaubte ich Jude und Sile so gut zu kennen, mit allen Facetten, Stärken und Schwächen, wie beste Freundinnen. Ich garantiere: Kein Satz ist Verschwendung. Ich kann nur eines empfehlen: lesen, lesen, lesen!

(Ilona Bubeck empfiehlt - Frühling 2014)
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