D 2012, 400 S., Broschur, € 14.90 Kostenloser Versand ab 25 Euro Bestellwert. Querverlag
Inhalt
Es ist so richtig heimelig
geworden in der Ackerpflaumenallee
33. Luke
hat sich in der Szene ausgetobt
und endlich in Cem
einen lieben Freund gefunden,
Meiko ist als besessenster
Party-Schwuler
der Stadt mit der
Übernahme eines Szenelokals
seiner Bestimmung
gefolgt, Schwulenmutti
Tina ist endlich glücklich mit Jörg zusammen,
Tom und Marco wollen tatsächlich heiraten und
Sarah ist nicht nur als Polizistin erfolgreich, sondern
scheint auch über ihre (gescheiterte) große
Liebe hinweg zu finden. Alles scheint sich also
konsolidiert zu haben, Lebenswege scheinen
vorgezeichnet, ein queeres Idyll, in dem wir einfach
weiterträumen wollen. Doch kaum hat Luke
- frisch von der Uni - seine erste Stelle angetreten,
wird seine Beziehung mit Cem einer harten
Probe unterzogen. Patrick ist nicht nur sein
Vorgesetzter, sondern nach einer ersten geilen
Nacht zu dritt Dauergast im gemeinsamen Bett.
Doch was erwarten sich die drei voneinander?
Hat ihre Beziehung zu dritt eine Perspektive?
Zugleich hat Tom wieder einmal Panik vor einer
allzu festen Bindung: Schon einmal hat ihm ein
Mann einen Heiratsantrag gemacht, die Feier
war schon vorbereitet - da trat Marco in sein
Leben und stieß alles über den Haufen. Völlig
betrunken weint er sich bei seiner besten Freundin
Sarah aus - beiden ist am Morgen danach
schleierhaft, wie sie (Schwuler vom Typ 6 der
Kinsey-Skala und eingefleischte Lesbe) dazu
kommen konnten, Sex miteinander zu haben.
Und als sich kurz darauf herausstellt, dass Sarah
schwanger ist, haben beide ein handfestes Problem
damit, wie sie sich selbst sehen - und wie
sie von anderen gesehen werden wollen. Marco
sucht sein Heil in einem Trip nach Wien, und
bei einer SM-Session im ersten Bezirk wird ihm
klar, wohin er gehören will. Für Sarah kommt
noch hinzu, dass eine Frau, mit der sie eine
Sex-Beziehung hat, sich zur Stalkerin entwickelt -
eine heikle Situation für die junge Polizistin.
Doch dies sind beileibe nicht alle und nicht die
dramatischsten Veränderungen, die der lesbischschwule
Freundeskreis erleben muss. - Roland
Gramling hat einen grandiosen Abschlussband
seiner Stadtgeschichten geschrieben, kein Stein bleibt auf dem anderen - und doch sind es weiter
die liebevollen Episoden guter alter Freunde,
von denen man etliche schon meint getroffen
zu haben. Dabei scheut sich Roland Gramling
nicht, heikle und sperrige Themen aufzugreifen:
Tod, ungewollte (und dann obsessiv überhöhte)
Elternschaft, psychische Krankheiten durchziehen
den Roman, der aber wie seine beiden Vorgänger
weiterhin leicht und völlig unverkrampft
eine gute Unterhaltungslektüre ist - ganz nach
dem großen Vorbild, der »Stadtgeschichten« von
Armistead Maupin. Neben seiner mutigen Themenwahl
ist es vor allem sein Erzählstil, der
mich diesmal beeindruckt hat: Roland Gramling
konnte zwar immer schon flott schreiben, jetzt
aber ist der Erzählfluss rasant und packend,
die verschiedenen Handlungsstränge sind rhythmisch
stimmig auf einander abgestimmt, sie
entwickeln ein losgelöstes Eigenleben, um dann
doch wieder miteinander in Beziehung gesetzt
zu werden. Dabei bleibt er seinem Genre, dem
unterhaltenden Spielen mit vermeintlichen Klischees
und Stereotypen, treu, seine Geschichten
sind immer wieder ein klarer und unverzerrter
Spiegel gegenwärtigen schwulen Lebens. Für
mich ist Roland Gramling der deutschsprachige
schwule Autor, der sich in den letzten Jahren
am stärksten über seine Romane hin entwikkelt
hat, seine Geschichten verstehen zu fesseln
und unversehens fragt man sich immer, ob man
nicht selbst so etwas erleben wollte oder könnte.
Ein starker Beitrag zum schwulen Leben.
(Veit empfiehlt, Winter Katalog 2012) Podcast (10 Minuten) zu diesem Titel anhören