D 2012, 360 S., Broschur, € 14.90 Kostenloser Versand ab 25 Euro Bestellwert. Querverlag
Inhalt
Sascha wächst in der
Schweiz auf und ist mit
Anfang 20 so etwas wie
der Vorzeigeschwule des
Landes: Er sieht blendend
aus, hat einen
schnuckeligen Freund,
den er gerade geheiratet
hat, ist Reservist bei der
Schweizer Armee und hat
dort eine Gruppe
schwuler Offiziere gegründet.
Sein Physikstudium
absolviert er zwar glanzlos, so richtig einen
Plan fürs Berufsleben hat Sascha noch nicht
- seine königliche Herkunft ist jedenfalls kein
Thema für ihn, glaubt er sich doch durch die
unschickliche Heirat seiner Mutter für immer
aus der Erbfolge ausgeschlossen. Denn - so die
Roman-Fiktion - Prinz Charles hat einen älteren
Zwillingsbruder George, der Charles in der monarchischen
Erbfolge natürlich vorgeht. Georges
Tochter und Saschas Mutter freilich hat einen
Schweizer Milliardär geheiratet - doch der ist
katholisch, so dass sie den Hof verlassen muss
und keine Ansprüche mehr auf den Thron geltend
machen kann. So wähnt sich Sascha
trotz königlicher Abkunft frei von allen Zwängen
der verstaubten Monarchie. Doch da kommt
das britische Parlament zur Erkenntnis, dass
der einschlägige Absatz im Act of Settlement
anders ausgelegt werden muss: Zwar bleibt
seine Mutter weiterhin außen vor, doch Sascha
selbst wird Nummer 2 der königlichen Erbfolge.
Nun überstürzen sich die Ereignisse. Erst
einmal muss Sascha mit seinem Lover zur
Queen fliegen, damit sein Angetrauter geadelt
wird - es muss ja schließlich alles seine Ordnung
haben. Doch das ist zu viel für die alte
Dame, sie stirbt nur wenig später. Und schon
während der Krönungsparade wird auf Saschas
Großvater ein Attentat verübt, dem dieser nach
einigen Wochen erliegt. Unversehens hat Großbritannien
mit Sascha nicht nur einen offen
schwulen König, sondern noch dazu einen, der
sich weiter für Lesben und Schwule engagiert
und sich auch in seiner Amtsführung nicht von
seinem schwulen Auftreten abbringen lässt.
Zwar fliegen ihm viele Herzen zu, doch Sascha
hat als Schwuler auch viele Feinde. Eine üble
Mésalliance homophober Staaten und Organisationen
können sich mit ihm auf dem britischen
Thron nicht abfinden. Und so beginnt für
Sascha und seinen Freund ein Abenteuer, bei
dem es schließlich auch um ihr Leben gehen
wird. - Roland Brodbecks Roman ist eine bezaubernde
Was-Wäre-Wenn-Geschichte, denn ihm
gelingt dabei eine ganz besondere Balance.
Einerseits ist der Plot nämlich völlig realistisch:
Brodbeck kommt mit der fiktiven Grundannahme
des älteren Zwillingsbruders von Prinz
Charles und dessen katholisch verheirateter
Tochter aus, um dann durchzuspielen, was
eigentlich geschieht, wenn ein offen schwuler
Mann Englands Thron besteigt. Denn es gibt
nicht nur skurrile Verwicklungen, über die man
herzlich lachen kann, wenn ein charmanter Kerl
wie Sascha sich über Konventionen hinwegsetzt.
Wie reagieren die Ewig-Gestrigen zum
Beispiel in der Church of England, dessen Oberhaupt
auf einmal ein Schwuler ist? Was wird
aus dem Commonwealth, in dem sich auch
Staaten wie Jamaika finden, das Homosexualität
mit harten und langen Haftstrafen bedroht?
Sehr intelligent - und leider auch sehr realistisch
- zeigt Brodbeck auf, wie sich fortschrittsfeindliche
Gruppierungen, Staaten und Organisationen teils aus eigenem Schwulenhass, teils
aus blankem Opportunismus zusammenfinden
und zu terroristischen Vereinigungen werden
können. Dieses realistisch gehaltene Szenario
wird aber andererseits in einer völlig vereinnahmenden
Leichtigkeit präsentiert. Saschas
lockere Art (und natürlich auch sein loses
Mundwerk) tragen einen Gutteil zu dieser Leichtigkeit
bei, denn der Roman ist in Ich-Perspektive
Saschas geschrieben. Sascha ist nämlich
nicht nur ein Wonneproppen, sondern auch ein
zupackender Kerl. Und so pendelt der Roman
zwischen Action und sarkastischen Kommentaren,
zwischen harten Wahrheiten und unerschrockener
Lebensfreude. Ein spannendes
Leseerlebnis, das an das gebannte Schauen
von Queer As Folk erinnert.
(Veit empfiehlt, Winter Katalog 2012)