»Fremdgehen« macht glücklich!


Die Autoren Micha Schulze und Christian Scheuß präsentieren ihr neues Buch, in dem sie von ausschweifendem Sex und innigen Beziehungen berichten - diesseits und jenseits des Rührstücks von der Homo-Ehe. Natürlich soll an diesem Abend auch diskutiert werden. Wir haben als kompetente Fachfrau die Familienrechtlerin Elisabeth Vlasaty eingeladen, die - freilich vor allem in der Hetero-Szene - beobachtet: Fremdgegen macht arm. Den Abend moderiert Falter-Redakteur Christopher Wurmdobler.

Micha Schulze / Christian Scheuß: »Fremdgehen« macht glücklich! Neue schwule Lebens- und Liebesformen. Berlin 2004, 320 Seiten, € 10,18

Schwule Männer erzählen aus ihrem Sex- und Liebesleben, so intim und offen, wie es bislang noch nirgends zu lesen war. Über Sauna-Quickies, den Zweitlover, hemmungslose Liebschaften, möglichst auch noch zu dritt. Der »Seitensprung« wird in schwulen Partnerschaften nur selten verheimlicht und löst schon gar kein Ehedrama aus. Die Erkenntnis der porträtierten Männer: »Fremdgehen« ist gut für die Beziehung und macht glücklich! Meistens zumindest.

Das Berliner Homomagazin Siegessäule hat eine eigene Rubrik für die täglichen Sexpartys, und keiner regt sich darüber auf. Auch nicht der verpartnerte Schwule, wenn sein langjähriger Freund sich auf einer solchen Party vergnügen möchte - er selbst hat ja dann Zeit, mal wieder in die einschlägige Sauna zu gehen ... »›Fremdgehen‹ macht glücklich!« Aus der typisch männlichen Fähigkeit, Liebe und Sex zu trennen, haben schwule Männer neue Lebens- und Liebesformen entwickelt und eigene Werte innerhalb der Community geschaffen. Die »offene Beziehung« gilt in der Szene als Voraussetzung für eine erfüllte schwule Partnerschaft: Wer seine Bedürfnisse erkennt, mit dem Partner bespricht und auslebt, lebt besser und zufriedener. Nicht nur staunende Heteros, sondern auch nachwachsende Homo-Generationen werden immer wieder mit der propagierten grenzenlosen schwulen Freiheit konfrontiert. Anhand von Porträts, Interviews und Gesprächsprotokollen zeigt das Buch die Vielfalt offener schwuler Lebens- und Liebesformen, welche Regeln und Absprachen ihnen zugrunde liegen, aber auch wo Anspruch und Wirklichkeit an Grenzen stoßen. »›Fremdgehen‹ macht glücklich!« ist damit Bestandsaufnahme schwulen Alltags in Deutschland zwei Jahre nach Einführung der »Homoehe« und heimlicher Beziehungsratgeber zugleich.

Ein paar Beispiele aus dem Buch:

Fritz und Josef waren die ersten, die mit Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft zum Standesamt rannten. Ihr 46-jähriges Zusammenleben wollten sie endlich urkundlich abgesegnet haben. Der feierlichen Zeremonie im altehrwürdigen Rathaus wohnten auch die langjährigen Lover der beiden rüstigen Homo-Rentner bei, die berühmte Träne im Knopfloch hatten sie alle vier. Wenn es ein Lebensfazit der beiden gibt, dann lautet es: »Wir haben nichts anbrennen lassen«.
Tom setzte sich vor zwei Jahren ins Flugzeug von Manila nach Köln, ohne Rückflugticket, das neue Leben sollte nun in Deutschland stattfinden. Mit seinem Ehemann hat er keinen Sex, dafür ist der 21-Jährige täglich im Internet unterwegs, um sich neue Männer für ein heimliches Date zu angeln. Vielleicht ist da ja mal ein Millionär darunter.
Manfred träumt davon, mit seinem Freund zusammen auf eine Insel zu ziehen. Doch bis es soweit ist, muss erst mal die Fernbeziehung geregelt werden, der Schichtdienst der beiden macht es schwierig, die 400 Kilometer Distanz regelmäßig zu überbrücken. Damit dazwischen keiner darben muss, ist das Fremdgehen abgesprochene Sache.
Drei schwule Lebensläufe, in denen nichts unmöglich scheint. Diese und viele andere Geschichten in diesem Lesebuch zeigen: Das homosexuelle Liebes- und Beziehungsleben ist verstrickt und vertrackt, aber auch lustvoll und experimentell. Neben der »oral history« gibt es aber auch jede Menge Fakten und Thesen zur Vielfalt schwuler Partnerschaftsformen.

Die Autoren:
Herausgegeben wird das Buch von Christian Scheuß, Jahrgang 1966, und Micha Schulze, Jahrgang 1967. Beide haben bereits mehrere Szene-Bestseller wie das schwule Kochbuch »Scharfmacher«, den Berlin-Guide »Homopolis« oder den Fitnessband »Erotic Bodystyling« veröffentlicht und verantworteten bis 2003 das renommierte Szenemagazin »Queer«. Heute arbeiten sie zusammen mit den Autoren Norbert Blech, Dennis Klein, Torsten Bless und Dat tat Do bei der schwulen Medienagentur queercom.

Donnerstag, 20.01.2005, 20 Uhr, Stadtbücherei am Gürtel, Urban-Loritz-Platz 2a (U6 Burggasse), Eintritt frei

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Eine Veranstaltung des Kulturvereins Berggasse zusammen mit der Buchhandlung Löwenherz, in Kooperation mit der Wiener Hauptbücherei.

 
Café Berg Buchhandlung Löwenherz