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Jeanette Winterson: Die steinernen Götter

Jeanette Winterson: Die steinernen Götter

Dt. v. Monika Schmalz. D 2011, 271 S., geb., € 27.90
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Inhalt
Billie Crusoe ist Optimiererin in einer durchkontrollierten und scheinbar perfektionierten Zukunftswelt. Die Menschheit hat einen Weg gefunden, das Altern durch eine Fixierung zu stoppen, sogar Rückfixierungen sind möglich. Billie ist für Extremfälle zuständig, wenn sich zum Beispiel eine Frau für ihren pädophilen Ehemann zum jugendlichen Teenager rückfixieren lassen möchte. Dabei ist Billie eine Dissidentin: Weder hat sie sich selbst fixieren lassen noch lebt sie in einer der keimfreien städtischen Siedlungen, sondern betreibt einen nebenbei eine kleine Bio-Landwirtschaft. Damit ist sie der Zentralverwaltung ein Dorn im Auge, ihr wird Steuerhinterziehung unterschoben, sodass der Hof enteignet und Billie eingesperrt werden kann. Gerade noch rechtzeitig erkennt sie den Komplott und flieht zusammen mit Spike, einem weiblichen Androiden, die sich - ihre menschlichen Komponenten sind zu stark geworden - der anstehenden Zerstörung entziehen will. Auf ihrer Flucht geraten sie in das von der Menschheit zerstörte Gebiet, und während sie gegen Verfolgung und feindliche Umwelt ankämpfen müssen, zieht es Billie immer intensiver zu ihrer Gefährtin hin. In einer Höhle finden die beiden Zuflucht und Unterschlupf. Zugleich plant die Zentralorganisation die Besiedlung eines neu entdeckten »Blauen Planeten«, der eine neue Hoffnung für den reichen Teil der Menschheit darstellt. Denn der Planet, auf dem Billie lebt, ist von den Menschen durch Raubbau und Misswirtschaft ausgelaugt worden und wird demnächst so gut wie unbewohnbar sein. Doch der »Blaue Planet« ist zwar unversehrt, beheimatet allerdings riesige Saurier - nur wenn diese verschwänden, könnte die menschliche Besiedlung beginnen. Darum soll ein Asteroid auf den gelenkt werden, der Einschlag würde die Saurier vernichten und Platz für die Menschen machen. Kurz vor dem Einschlag wechselt Jeanette Winterson Zeit und Ort. Billy Crusoe ist ein schwuler Matrose, der im späten 18. Jahrhundert in einer Höhle nahe einer Kultstätte merkwürdige menschliche Überreste findet. Und nach einem weiteren Zeitsprung begegnen wir wieder Billy, die mit dem Kopf eines androiden Roboters - natürlich Spikes Kopf - auf die Flucht vor dem krakenhaften Kontrollsystem des Staates nach Wrack-City flieht. - Jeanette Winterson hat in einer Mischung aus Social-Fantasy mit lesbischer Protagonistin, versponnenem Kunstmärchen und klassischer Utopie einen Roman der Menschheitsgeschichte geschrieben. Alles wiederholt sich - diesen alten Ansatz wendet Jeanette Winterson in eine düstere Vision: Immer schon haben Menschen nichts anderes gekonnt und getan und unternommen, als ihre Gesellschaftsordnung autoritär zu einer alles kontrollierenden Krake werden zu lassen und parallel dazu die natürlichen Lebensgrundlagen durch hemmungslose Ausbeutung der Ressourcen und Umweltverschmutzung zu zerstören. Bei aller Märchenhaftigkeit der Erzählung wird diese Konstante der Menschheitsgeschichte doch so klar und einleuchtend vorgeführt, dass die Geschichte immer glaubhafter erscheint. Das liegt natürlich auch daran, dass die Details der Schilderung so brillant und in sich stimmig angelegt sind, »Die steinernen Götter« ist auch eine schneidende Kritik gegenwärtiger gesellschaftlicher Entwicklungen. Doch die beeindruckende Überzeugungskraft der Kernaussage des Romans, dass wir grundsätzlich und immer schon unsere sozialen Systeme ruinös und zerstörerisch anlegen, ist zweifellos dem Kunstgriff geschuldet, mit dem Jeanette Winterson uns sogar glauben macht, wir Menschen selbst hätten vor Millionen von Jahren den Asteroiden auf die Erde schlagen lassen - und damit habe alle Umweltzerstörung bereits angefangen. Mit dieser kühnen und areligiösen Neuinterpretation der Ursünde lässt man sich nicht nur gern einen Roman lang an der Nase herum führen. Jeanette Winterson schafft es auch, dem Konzept der mythologischen Erklärung überhaupt neue und erfrischende Plausibilität zu verleihen. (Veit empfiehlt, Sommer Katalog 2011)
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