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Peter Cameron: Du wirst schon noch sehen, wozu es gut ist

Peter Cameron: Du wirst schon noch sehen, wozu es gut ist

Dt. v. Stefanie Kremer. D 2013, 253 S., Pb, € 18.45
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Knaus
Inhalt
Der 18jährige James bräuchte eigentlich keine Probleme zu haben. Zwar sind seine Eltern geschieden, aber Geld spielt keine Rolle und sowohl zu seinem Vater als auch zu seiner Mutter hat James ein gesund distanziertes Verhältnis. Und wie alle guten Eltern gehen ihm seine natürlich auch furchtbar auf die Nerven, unterstützt zu allem Überfluss von seiner besserwisserischen und altklugen Schwester. Nach den Sommerferien soll James aufs College - eine Horrorvorstellung für ihn, nicht nur, weil er seine Zukunft nicht in die öden Upper-Class-Geleise seiner Eltern vorbestimmen lassen will, sondern auch und vor allem, weil er mit Leuten allgemein und besonders mit Gleichaltrigen wenig bis gar nichts anzufangen weiß. Viel lieber würde er ein Haus im Mittleren Westen kaufen (natürlich spielt auch für seine Planspiele Geld eine untergeordnete Rolle), lesen, ein bisschen jobben und sich selbst überlegen, was er aus seinem Leben machen möchte. Dass er schwul ist, ist für ihn kein Problem - nur sollte Sex mit möglichst wenig Sozialkontakten verbunden sein, was dann doch schon gesteigerten Aufwand erfordert. Während der Ferien hilft James in der Galerie seiner Mutter aus - ein vollkommen sinnloser Job, der einzige Lichtblick dort ist dann auch der (ebenfalls schwule) Geschäftsführer, John, von dem James sich stark angezogen fühlt. Als James eines Tages Johns Dating-Profil im Internet entdeckt, datet er John mit einem Fakeprofil, was naturgemäß in einem Desaster endet. Solcherart postpubertär dramatisch gestaltet sich der Sommer für James, und alles sieht zunächst danach aus, dass ein Wohlstandskind nicht erwachsen werden will. Doch die Ratlosigkeit von James' Eltern, denen nichts besseres einfällt, als ihren Jungen in eine teure Psycho-Therapie zu schicken, ist ebenso entlarvend wie die Sitzungen selbst: James durchschaut seine Therapeutin genauso, wie er seine eigene Unnahbarkeit erkennt. Aber er ist nicht bereit, seiner Umgebung entgegenzukommen. In Rückblenden erzählt er seine Verweigerung, sich dem amerikanischen Erziehungssystem einzugliedern, als er sich bei einer Exkursion nach Washington D.C. der Gruppe entzieht und dadurch einen Skandal auslöst. Hier wird James' Dilemma dann richtig klar: Seinen eigenen Weg zu finden, ohne einen Totalausstieg zu inszenieren wie einst die Hippies ist ohnehin schon nicht einfach. Dass einem niemand richtig zuhören kann, macht alles nicht besser. Dann aber noch ein schwuler Teenager zu sein, dem es nicht einfach nur um das Aufbegehren gegen die ältere Generation geht, weil diese die Verfügungsgewalt über die gesellschaftlichen und ökonomischen Mittel hat, sondern weil man sich als Person einfach anders fühlt, als von einem erwartet wird, das treibt James zwar nicht zur Verzweiflung, allerdings schon in eine jugendliche Isolation, die ihm selbst als ebenso notwendig wie unspektakulär erscheint, wie sie auf seine Umgebung als Bockigkeit und Schrulligkeit wirkt. Und damit ist Peter Camerons Roman auch ein - wenngleich gebrochenes - Spiegelbild gegenwärtigen schwulen Lebensgefühls. Es ist nicht (mehr) das Bedürfnis, das Anderssein als Schwuler durch Ablehnen aller überkommenen Mittel und Formen, eben durch Aussteigen, Bruch und Neuanfang auszudrücken - insbesondere die ökonomischen Mittel nehmen wir ja gern in die Hand. Gleichwohl hat das Bewusstsein, anders zu sein und Erwartungen nicht erfüllen zu wollen, nichts von seiner Brisanz verloren. Hier einen Weg zu finden, den man selbst akzeptieren kann und der womöglich auch noch verstanden wird, macht das schwule Coming-out zu einem Schlüsselerlebnis und zu einem lebensbegleitenden Bewusstsein. »Du wirst schon noch sehen, wozu es gut ist« ist ein kluger und erfrischender, in sehr feiner Sprache geschriebener schwuler Roman, der zeigt, dass Mühsal und Leid, das dieser altbackene Erziehungssatz rechtfertigen will, zu gar nichts gut sind, sondern dass immer, wenn dieser Satz fällt oder fallen könnte, der Anpassler in uns schon wieder die Oberhand gewonnen hat. (Veit empfiehlt, Frühlings Katalog 2009)
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