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David Vann: Aquarium

David Vann: Aquarium

Dt. v. Miriam Mandelkow. D 2016, 282 S., geb., € 23.60
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Suhrkamp
Inhalt
Eine außergewöhnliche lesbische Coming-of-age-Geschichte. Caitlin ist 12 und wächst bei ihrer alleinerziehenden Mutter Sheri auf. Geld ist nicht viel da, ohne Schulabschluss und Ausbildung hat Sheri nur einen Job als Arbeiterin in einem Lager, aber die beiden kommen zurecht. Und alles sieht so aus, als ob Sheri für Caitlin auch eine besonders liebe- und verständnisvolle Mutter ist. Auch als Steve, Sheris Freund immer öfter da ist, scheint alles wunderbar zu funktionieren. Caitlins Leidenschaft ist das städtische Aquarium. Stunden verbringt sie hier und trifft einen ebenso freundlichen wie geheimnisvollen alten Mann, mit dem sie sich fast nur über die Fische unterhält. Als Caitlin das einmal unbefangen zuhause erzählt, kippt die Idylle - Sheri zeigt auf einmal ein völlig anderes Gesicht. Zunächst alamiert sie die Polizei, denn sie glaubt Caitlin nicht, dass alles nur ganz harmlos sei. Doch als sich herausstellt, dass der alte Mann Sheris Vater ist, mit dem sie auf keinen Fall mehr Kontakt haben will, rastet Sheri völlig aus, versucht tagelang in demütigender Weise ihre Tochter vorzuführen, wie sie selbst als Jugendliche darunter leiden musste, dass ihr Vater die Familie verlassen hatte. Doch die volle Brutalität bricht aus Sheri heraus, als sie bemerkt, dass Caitlin in ihre Klassenkameradin verliebt ist. Eine lesbische Tochter erscheint ihr völlig undenkbar. Diese Kippe ist es, die den Roman so interessant macht, denn sie offenbart eine immer wieder erfahrbare Unsicherheit, gerade über Menschen, die wir gut zu kennen glauben. Literarisch wird die Geschichte fließend erzählt: Perspektivwechsel werden nicht besonders markiert, wörtliche Rede ist zwar immer als solche erkennbar, aber ohne Anführungszeichen. Das gibt dem Roman etwas Traumhaftes, Idyllisches wechselt mit Albtraumhaften. Zugleich ist völlig klar, dass es nur um harte Realität geht - und dass es an Momenten hängt, die den Umschlag zum Schrecken bringen können. Fesselnd ist auch die seelische Verfasstheit von Sheri, Caitlins Mutter. Zunächst sieht es so aus, als ob sie sich zum Opfer eines Kindheitstrauma-Schemas stilisiert. Doch so willkürlich dieses Schema ja auch zunächst gar nicht, dann doch in Anspruch genommen wurde, entlarvt es sich vollends, als Sheri nicht akzeptieren kann, dass ihre Tochter lesbisch ist. Hier zeigt sich, dass Sheri einfach nur rasend ist, ihre Abneigungen und Brutalitäten offenbar mehr oder weniger willkürlich ins Visier gekommen sind. Dies ist freilich umgekehrt auch sehr erhellend: Denn wenn der Rasenden alles ins Schema passt, braucht man nicht gegen das Schema, sondern nur gegen die Raserei angehen. Ein bemerkenswerter Familienroman über das unvermutete Aufbrechen von Homophobie bei Eltern.
(Veit empfiehlt - Herbst 2016)

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