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Matthias Frings: Manchmal ist das Leben

Matthias Frings: Manchmal ist das Leben

D 2014, 360 S., Broschur, € 15.32
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Querverlag
Inhalt
Hahn und Fex sind Freunde seit ihrer Schulzeit, ihre Freundschaft scheint auf einem unerschütterlichen Fundament zu stehen. Denn als der scheue und verunsicherte Fex von seinen Mitschülern als Schwuler nicht einmal nicht nur verächtlich gemacht, sondern auch verprügelt werden sollte, war auf einmal der athletische und überlegene Sonnyboy Hahn zur Stelle. Und Hahn sorgte nicht nur dafür, dass Fex ungeschoren davonkam, er verschaffte Fex sogar einen echten Triumph über dessen perplexe Peiniger. Fex ist natürlich seitdem in Hahn verliebt, unglücklich, denn Hahn ist hetero. Nur einmal, »hackedicht« zu Fexens 30. Geburtstag hatten die beiden Sex miteinander. Doch ihre Freundschaft hat immer funktioniert und Hahns wechselnde Lebensabschnitts-Begleiterinnen überdauert. Mittlerweile leben beide in Berlin, Hahn hat eine Stelle beim Radio, Fex jobbt ziemlich ziellos herum, seine Berufung hat er noch nicht gefunden. Im Sommer als Christo und Jeanne-Claude den Berliner Reichstag verhüllen, bekommen beide die Diagnose, HIV-positiv zu sein. Ihre Freundschaft bekommt einen tiefen Riss, denn für beide scheint klar zu sein, dass Fex derjenige war, der Hahn angesteckt hat. Die Geschichte dieser scheiternden und dabei doch so innigen Freundschaft zwischen einem Schwulen und einem Hetero wird durch zwei eingeschobene Serien immer wieder unterbrochen und dadurch indirekt immer wieder in ein neues Licht gestellt. Zum einen greift Matthias Frings eine Reihe von vermeintlichen Nebenfiguren der Geschichte von Hahn und Fex auf und schafft dadurch das Kolorit eines Großstadtlebens zwischen noch nicht übersiedeltem Bundestag, Swingerclub, Taximilieu und Obdachlosigkeit. Diese Passagen heben sich zunächst sowohl sprachlich wie erzählerisch wie kleine Kabinettstücke aus dem Roman ab, mal im Slang der Gosse, mal als verzweifelter Liebesbrief, mal im Ton einer Zeugenaussage, mal auktorial, mal in Ich-Perspektive. Jede dieser Figuren erscheint so auf einmal in einem ganz intimen Licht und so sind es eigentlich diese Nebenrollen, mit denen man sich beim Lesen am meisten, freilich immer wieder wechselnd identifiziert, denn jede neue Figur verschiebt den lesenden Blick in eine ganz andere Richtung. Überhaupt ist die ständig verunsicherte Suche nach einem Halt im Roman etwas, was »Manchmal ist das Leben« zu einem überaus spannenden Leseerlebnis macht. Denn es gibt noch die zweite Serie, die aus der Perspektive eines Höhenarbeiters, der seine Sicht der Verhüllung des Reichstages erzählt. Hier werden auf einmal Details der Aktion geschildert, die für einen Sommer Berlin ein anderes Gesicht gab, die überraschen, kurios bis skurril anmuten, sodass den ganzen Roman lang der Arbeiter immer wieder als möglicher Held erscheint, der womöglich der Schlüssel für das ganze verzweigte Geflecht um Hahn, Fex und die Ihren sein könnte. Doch soviel man von den Handgriffen und geheimen Beobachtungen rund um die spektakuläre Verhüllung des Berliner Reichstagsgebäudes auch erfährt - der Arbeiter selbst bleibt als Person schemenhaft, er entzieht sich dem Leser und der Leserin. Dieser Erzählstil, nämlich einerseits Nebenfiguren für einen Moment so aufzuladen, dass man sich mit ihnen identifizieren will, andererseits eine Person aufzubauen, die - als Fassadenkletterer zuweilen im wörtlichen Sinn - alles von oben betrachtet, bekommt die Freundschaftsgeschichte von Hahn und Fex eine neue, gesellschaftliche Dimension. Für sich genommen wäre deren scheiternde Freundschaft eine klassische Entwicklungsgeschichte. Doch indem Matthias Frings Elemente des modernen Episoden-Romans in seiner eigentümlichen Weise einbaut, entsteht eine Mischung aus individueller und gesellschaftlicher Sichtweise, man gewinnt den Eindruck, etwas von einem kollektiven Bewusstsein zu erfassen. Doch auch dies ist ein flüchtiger Moment: Dem erhabenen Moment der Stadt, der Verhüllung des Reichstages, entspricht der Moment der Todesangst Hahns, gegen dessen fortschreitende Krankheit kein Medikament hilft. Doch weder für die Stadt noch für Hahn oder Fex folgt auf diese Grenzerfahrung die erwartbare Verklärung. Was folgt, ist Alltag und Klischee. Die Stadt wird wieder normal und hektisch, Hahn schifft endlich im Hafen des Beziehungsalltags ein und Fex hat seine Berufung gefunden und schreibt Gedichte in der Fremde. Ein leidenschaftlicher und ergreifend schöner Roman für ein Leben vor und nicht nach dem Höhepunkt.
(Veit empfiehlt - Sommer 2014)
Dieser Querverlag-Titel ist auch erhältlich als:
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Taschenbuch, € 15.32
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