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Stefan Broniowski: Mein Lieblingsbuch

Dirck Linck: Halbweib und Maskenbildner

Dirck Linck: Halbweib und Maskenbildner

Dirck Linck: Halbweib und Maskenbildner. Subjektivität und schwule Erfahrung im Werk Josef Winklers

Mein Lieblingsbuch? Habe ich so was überhaupt? Als Kind hätte ich sicher eines benennen können und auch noch als Jugendlicher, weil man da nach solchen Sachen gefragt wurde und eine Identität vorzuweisen hatte. Aber seit die Zahl der gelesenen Bücher ziemlich unübersichtlich geworden ist und Geschmack und Kenntnisse sich vertieft und verstreut haben, gibt es das einfach nicht mehr, dieses eine Buch, das mir lieber ist als alle anderen. Ich bin also wohl ein promisker Leser.
Mit einem Lieblingsbuch kann ich demnach nicht dienen, aber ich kann, und das passt ja gut zum 20-Jahr-Jubiläum von »Löwenherz«, von dem Buch erzählen, dass ich damals als erstes in dem neu eröffneten Laden kaufte. (Oder wenigstens als eines der ersten, denn es mag sein, dass die Erinnerung mich trügt.) Es handelt sich dabei um »Halbweib und Maskenbildner« von Dirck Linck, erschienen im Verlag rosa Winkel als »Homosexualität und Literatur, Band 7«, eine literaturwissenschaftliche Arbeit über das (bis 1992 erschienene) Werk Josef Winklers. Weiterlesen

Dino Heicker: Mein Lieblingsbuch

Michael Sollorz: Abel und Joe

Michael Sollorz: Abel und Joe

Michael Sollorz: Abel und Joe

Ein Tag und eine Nacht in Berlin Ende des vergangenen Jahrhunderts: Abel sucht seinen Freund und findet doch nur sich selbst. So könnte man kurz die Handlung von Michael Sollorz‘ 1994 erschienenem Buch »Abel und Joe« umreißen. Es war der erste veröffentlichte Roman des 1962 in Ostberlin auf die Welt gekommenen Schriftstellers; erschienen ist er seinerzeit im verdienten, nun leider auch schon nicht mehr existierenden Berliner Verlag rosa Winkel.

Aufgeteilt in die vier Abschnitte »Der Morgen«, »Der Tag«, »Die Nacht« und »Der neue Tag« schildert das Buch, wie der ostdeutsche Filmkritiker Abel am 28. August seinen Freund Joe zu finden versucht. Der aus der katholisch-kleinkarierten Provinz Westdeutschlands stammende Bühnenbildner ist nämlich aus der gemeinsamen Wohnung spurlos verschwunden. Hat er die notorische Untreue seines Partners nicht mehr ertragen? War die Berliner Luft zu rau für ihn? Abel ist ratlos. Was bleibt, sind Erinnerungen an das Kennenlernen in einer Sauna, an den gelebten Alltag als Paar, aber auch an die gemeinsam besuchten Männer. Einer derselben, der taubstumme Engel mit dem Riesenschwanz, hatte Abel einst gewarnt: »Gib acht, Abel! Es sind nicht alle wie du.« Weiterlesen

Patricia Bohrn: Mein Lieblingsbuch

Doris Lessing: Das Tagebuch der Jane Somers

Oder: eine Geschichte von Anreicherung, Neuordnung und Integration

Doris Lessing: Das Tagebuch der Jane Somers

Doris Lessing: Das Tagebuch der Jane Somers

Die Autorin Doris Lessing wurde wohl eher durch Werke wie »Afrikanische Tragödie« (1949), »Das goldene Notizbuch« (1962) oder »Das fünfte Kind« (1988) bekannt als durch den vorliegenden Roman »Das Tagebuch der Jane Somers« (1983). Die damals in den 80er Jahren schon für ihre aufrüttelnden Bücher berühmte Autorin mokierte sich über die eitle Literaturszene, indem sie den Roman eben unter jenem Pseudonym der Protagonistin an zahlreiche Verlage schickte, wo er in Folge vorerst einmal abgelehnt, unter dem Namen Doris Lessing jedoch schließlich veröffentlicht wurde.

Nach Beschäftigung mit einigen ihrer Texte lässt sich feststellen, dass sie im Allgemeinen durchaus keine gefällige, unterhaltende Literatur produzierte, sondern Kraft ihrer Romane und Geschichten soziale Missstände aufzeigen und kritisieren wollte – sie arbeitete also, systemisch betrachtet, an der Bildung von Unterschieden, die einen Unterschied machen sollten. Rückblickend auf ihr Werk beschreibt Doris Lessing eines ihrer Hauptanliegen wie folgt

Alles, was Literatur bewirkt, ist, dass sie die humanistischen Werte bestärkt, die Wertschätzung des Individuums. Sie bestärkt die Einfühlnahme für verschiedene Arten von Menschen. Sie bringt sie in die Lage, das Leben anderer Menschen mit Mitgefühl zu betrachten. (KLfG, s.d.)

Wachsam und unbequem bleibt sie bis ins hohe Alter: Als sie 88-jährig, im Jahr 2007, endlich den Nobelpreis für Literatur erhält, bezeichnet sie diesen einerseits erfreut als „Royal Flush“, um ihn andererseits ein wenig später schon als zeitraubendes Desaster zu deklassieren (vgl. Berliner Literaturkritik 2009). Weiterlesen

Ulrike Lunacek: Mein Lieblingsbuch

Pedro Lemebel: Träume aus Plüsch

Pedro Lemebel: Träume aus Plüsch

Pedro Lemebel: Träume aus Plüsch

Die (Liebes)Geschichte einer völlig unpolitischen, sehr liebenswerten Tunte in Santiago de Chile während der Militärdiktatur, die über einen Mitbewohner, in den sie sich verliebt, völlig ahnungslos und naiv in einen Attentatsversuch auf Pinochet hineinstolpert, während sie selbst für einige der ›Mumien‹ arbeitet (Anhängerinnen bis hin zu Familienangehörigen Pinochets) und erst sehr spät merkt, was hier gespielt wird…

»Ich hab Angst, Torero« – so die wörtliche Übersetzung des Titels – ist ein wunderbarer Polit-Roman über das Leben in einer Diktatur, den Widerstand dagegen und die Sehnsucht nach einem ›normalen‹ (Liebes-)Leben in einer erzreaktionären homophoben faschistoiden Umgebung.

Das Buch »Träume aus Plüsch« im Online-Shop kaufen.

Ulrike Lunacek

Ulrike Lunacek

Ulrike Lunacek

Abgeordnete zum Europaparlament, Europasprecherin der Grünen, Vizepräsidentin der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament. Erste offen lesbische Abgeordnete zum Österreichischen Nationalrat (1999-2009).

Im Web: www.ulrikelunacek.at, dielunacek.at

Auf Facebook: facebook.com/ulrike.lunacek

 

 

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Gudrun Hauer: Mein Lieblingsbuch

Radclyffe Hall: Quell der Einsamkeit

An Marianne von (Name unleserlich)
(…honny soit qui mal y pense!)
Berlin, Weihnachten 1933

Widmung in Gudrun Hauers Ausgabe von »Radclyffe Hall: Quell der Einsamkeit«

Widmung in Gudrun Hauers Ausgabe von »Radclyffe Hall: Quell der Einsamkeit«

Diese Widmung ist auf der ersten Seite nach dem Einband meines alten, nur wenige Gebrauchsspuren aufweisenden Exemplares zu lesen. Gefunden hatte ich es als Studentin irgendwann 1982 auf einem privaten Flohmarkt auf dem Platz vor der Salzburger Schrannenkirche gegenüber dem Mirabellgarten. Gezahlt hatte ich damals dafür fünf Schilling.

Ja, ich erinnere mich noch genau. Irgendwie und irgendwo war ich einige Jahre zuvor auf den Namen Radclyffe Hall gestoßen und den Titel »Quell der Einsamkeit«. Und dass mit diesem Buch einer der größten Zensurskandale des 20. Jahrhunderts verbunden sei. Und dass es von lesbischer Liebe handle. Mehr wusste ich nicht, denn niemand aus meinem Umfeld besaß ein Exemplar; es stand in keiner Bibliothek, und es existierte nicht im Buchhandel. Und so griff ich wie elektrisiert zu – erst recht nach der Lektüre der Widmung.

Hier halte ich auch heute noch ein Buch in meinen Händen, das Geschichte gemacht hat – und mehr noch: Weiterlesen

Roland Haider: Mein Lieblingsbuch

Raik Thorstad: »Leben im Käfig« und »Nach der Hölle links«

Raik Thorstad: Leben im Käfig

Raik Thorstad: Leben im Käfig

Mein (momentanes) Lieblingsbuch – ja, für mich ist es 1 Buch, obwohl es ja eigentlich 2 ziemlich umfangreiche Titel sind. Aber weil es eine zusammenhängende und ganz wundervolle Geschichte ist, betrachte ich es mal als 1 Buch.

Es geht um 2 Jungs, die sich ineinander verlieben . . . , aber das ist keine ›Liebe auf den ersten Blick‹, man hat Zeit. Ja, man kann sehr viel Zeit mit jedem der Beiden verbringen und man hat viel Zeit sie kennenzulernen. Das klingt jetzt vielleicht nach langatmigem Wälzer, ganz im Gegenteil, jede Sekunde die mir Raik Thorstad mit Sascha und Andreas gegönnt hat, war ein Genuss und hat sie mir näher gebracht.

Es geht um Angst und es geht um die Liebe, die gegen diese Angst kämpft und es geht um das Leben, das diese Angst oft viel zu sehr schürt. Es geht um kleine Erfolge und es geht um Rückschläge. Es geht um Hoffnung und noch viel mehr . . .  Weiterlesen

Ines Rieder: Mein Lieblingsbuch

Angela Steidele: Geschichte einer Liebe – Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens

Angela Steidele: Geschichte einer Liebe - Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens

Angela Steidele: Geschichte einer Liebe – Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens

Unter den vielen Büchern, die ich im Laufe der letzten Zeit durchgeblättert, quergelesen und gelesen habe, eines auszuwählen, ist eine Herausforderung. Ich stelle mir die Frage also so: Welches Buch könnte ich einem möglichst breitem Kreis empfehlen: ein bisschen etwas von allem? Herz, Geist, viele Informationen und das alles so geschrieben, dass ich – und hoffentlich viele andere auch – nicht aufhören können weiterzulesen.

So ein Buch war/ist Angela Steideles »Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens«. Zwei Frauen im Titel: das muss eine Liebesgeschichte sein. Ist es auch. Aber nicht nur die Geschichte einer Liebe, sondern die Geschichten von vielen Lieben. Im Laufe der Leben der beschriebenen Frauen – außer Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens nehmen auch Ottilie von Goethe, Anna Jameson, Annette von Droste-Hülshoff und Laurina Spinola einen wichtigen Platz ein – gibt es Leidenschaften, wechselnde Beziehungen, Entfremdungen und ein großes Maß an Solidarität. Das wär’s fürs Herz.

Heute weitgehend unbekannt, waren alle diese Frauen gut ausgebildet und teilweise wissenschaftlich oder künstlerisch sehr aktiv und zu ihrer Zeit anerkannt. Weiterlesen