Als Löwenherz vor 20 Jahren gegründet wurde, geschah dies aus revolutionärem Veränderungswillen. Staat, Gesellschaft, lesbisch-schwule Szene und nicht zuletzt der Buchhandel sahen damals völlig anders aus. Immer noch gab es Verbote für Homosexuelle, in Österreich neben dem leidigen § 209 auch noch die beiden Paragrafen 220 und 221, die außer Versammlungen so genannte Werbung für Homosexualität verboten. Dies brachte Löwenherz gleich im ersten Jahr eine polizeiliche Razzia mit anschließendem Strafverfahren ein. Die Eröffnung der Buchhandlung Löwenherz zusammen mit dem Café Berg stellte einen Wendepunkt dar: Zum ersten Mal ein Ort, der offen und tagsüber völlig selbstverständlich schwul bzw. lesbisch war.

Aber auch der Buchhandel war damals ein gänzlich anderer als heute; auch renommierte Verlage versteckten ihre lesbische und schwule Literatur. So fanden sich in den ersten Jahren bei Löwenherz noch Titel, denen die Verlage Retourpostkarten beigelegt hatten, auf denen Käufer oder Käuferin unterschreiben sollten, diese Bücher unter Verschluss zu halten. In dieser Situation waren lesbisch-schwule Buchhandlungen ebenso wie lesbisch-schwule Verlage ein Projekt, genau das zu tun, was nicht erwünscht oder sogar verboten war: Homosexualität sollte öffentlich gemacht, positiv und selbstverständlich dargestellt werden.

Mittlerweile sind über 13.000 Titel lagernd

Auch wenn für uns Lesben und Schwule mitnichten idyllische Verhältnisse ausgebrochen sind, wie eine Studie vor kurzem wieder belegte, haben sich doch wesentliche Dinge radikal verändert. Homosexualität ist regelmäßig ein öffentliches Thema, unsere rechtliche Situation hat sich verbessert. Der Bestand im Laden, anfangs allein schon wegen des mangelnden Angebots viel schmaler, ist auf über 13.000 Titel angewachsen. Österreich ist Teil der EU, was eine Öffnung des Buchhandels für die internationale Branche brachte, ohne die wir z.B. weder die Fülle an lesbisch-schwulen Kleinverlagen noch die neuen Medien in der heute erwartbaren Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit anbieten könnten. Schließlich das Internet: Die Veränderungen, die der Informationsfluss für alle hierdurch brachte, kann gerade für den Buchhandel gar nicht überschätzt werden. All das führte dazu, dass Löwenherz nach 20 Jahren völlig anders aufgestellt ist.

Gleichzeitig ist Löwenherz eine Geschichte der Kontinuität. Sieben Buchhändler und vier Lehrlinge haben unserem Laden einen unverwechselbaren Charakter verliehen; sie haben zum Aufbau eines lesbisch-schwulen Sortiments beigetragen, das international keinen Vergleich scheuen muss. Mindestens ebenso stark haben auch unsere Kundinnen und Kunden das Sortiment und die Atmosphäre von Löwenherz geprägt. Löwenherz ist ein Gemeinschaftsprojekt, etwas Besonderes für uns alle, das im Gespräch und in gemeinsamen Aktivitäten wächst. Löwenherz war und ist auch ein Veranstaltungsort, an dem im Laufe der Jahre viele Events rund um Bücher und Filme stattgefunden haben. Denn jede Buchhandlung ist auch ein Spiegel ihrer Autorinnen, Autoren und Verlage. Ohne sie gibt es nichts, was wir anbieten könnten, darum war und ist uns immer der enge Kontakt und eine freundschaftliche Verbundenheit zu den Produzentinnen und Produzenten unserer Bücher und DVDs besonders wichtig.

Mit unseren Kundinnen und Kunden verbindet uns Sympathie, ja häufig echte Freundschaft. Immer haben wir Löwenherz als integralen Bestandteil der Community Wiens bzw. Österreichs begriffen. Viele Aktivitäten der Szene wie z.B. die Regenbogenparade stehen von Anfang an im engen Zusammenhang mit der Buchhandlung. Wir haben solche Projekte gerne unterstützt und wollen dies auch weiterhin von Herzen tun. Denn neben einem rentablen Unternehmen ist Löwenherz vor allem eines: Ein Ort der Lebensfreude, etwas, das einfach Spaß macht.

Auf die nächsten 20 Jahre – Eure Löwenherzen.