Löwenherz - die Buchhandlung in Wien. Fachbuchhandlung mit schwulem und lesbischem Sortiment.
 
 
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Gregorio Ortega Coto: Marokkanische Minze

Gregorio Ortega Coto: Marokkanische Minze

D 2013, 250 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Der 19jährige Pablo lebt mit seiner Mutter Anfang der 60er Jahre in Barcelona. Sein Coming-out hatte er noch nicht, instinktiv weiß er, dass er seine Lebensgewissheit und seine Selbstsicherheit nur im Rückbezug auf Bab-Qarfa finden kann, der kleinen Militärgarnisonsstadt in Spanisch-Marokko, in der er geboren wurde und er seine Kindheit verbrachte. Doch seine Mutter verweigert jedes Gespräch über diesen Ort und so fährt Pablo als junger Mann nach Nord­afrika. Es ist nicht nur der Ort, den er wiedersehen will, als Junge war der Außenseiter und Einzelgänger Pablo mit zwei erwachsenen Männern eng befreundet, die ihn nachhaltig prägten und die er jetzt unbedingt wiederfinden will: Idir, ein Einheimischer aus dem Rif, und Ernesto, ein Spanier, der hier nach seiner Verfolgung als Schwuler durch die Faschisten einen Neuanfang versuchte. Besonders, wenn die Sprache auf diese beiden Männer kommt, verschließt sich Pablos Mutter völlig, was umso merkwürdiger ist, weil beide ihre besten, ja einzigen Freunde in Bab-Qarfa waren. Lina, Pablos Mutter, hatte eine sonderbare Stellung im Ort. Einerseits eine starke, selbstbewusste Frau, die - früh verwitwet - ihr und Pablos Leben entschlossen alleine bestreitet, andererseits eine Frau mit einem verruchten Ruf, zu tief ihr Dekolleté, zu rot ihr Lippenstift für eine anständige Frau im von Franco und katholischer Kirche dominierten Land. Gleich nach seiner Ankunft in Bab-Qarfa wird Pablo von seiner Geschichte und der seiner Eltern eingeholt: wie seine Eltern hofften, jenseits der spanischen Enge in Nordafrika ihr Glück zu machen; wie sein Vater stattdessen ihr Leben als ausgebeuteter Hilfsarbeiter bestreiten musste und rasch zum Trinker wurde; wie die Ehe der Eltern scheiterte, der Vater durch einen zweifelhaften Unfall ums Leben kam und die Mutter immer engeren Anschluss an Idir und Ernesto suchte, die sich auch rührend um Pablo kümmerten; und wie schließlich der Aufstand der Rifkabylen die vordergründig wohlgeordnete Welt der spanischen Kolonialisten erschütterte und die Etablierung des marokkanischen Staates Lina mit ihrem Sohn zur fluchtartigen Rückkehr nach Spanien trieb. Doch so klar die Erinnerungen in der altbekannten Umgebung wiederkommen, so fern bleiben die Freunde und Bekannten von einst. Weder Idir noch Ernesto sind noch da, lange muss sich Pablo durchfragen, bis er wenigstens von Ernesto den neuen Aufenthaltsort in Tanger erfährt. Nach und nach wird ihm klar, dass seine Sehnsucht ihn nicht in den Ort Bab-Qarfa um seiner selbst willen zog, sondern wegen Idir und Ernesto. Und so fährt Pablo nach Tanger, wo er Ernesto findet, der mit seinem neuen Lebensgefährten dort ein kleines Geschäft betreibt. Was Ernesto ihm zu erzählen hat, gibt Pablo nicht nur den Mut zum eigenen Coming-out, es wird auch seine gesamte Lebensplanung radikal verändern. - Gregorio Ortega Coto hab mit »Marokkanische Minze« den denkbar zartesten schwulen Kindheitsroman geschrieben. Zunächst freilich vereinnahmt er den Leser durch die atemberaubende Schilderung einer verschwundenen Welt. Das Marokko von Pablos Kindheit war geprägt vom Zusammenleben etlicher unterschiedlicher Kulturen, den spanischen Einwanderern standen heterogene Gruppen und oft konkurrierende Interessen der Einheimischen entgegen. Dies machte es den spanischen Fremdherrschern einerseits einfach, die Oberhand zu bewahren. Andererseits waren aber alle auf das Zusammenleben mit anderen Kulturen eingestellt, sodass Bab-Qarfa vor allem in der Wahrnehmung Pablos ein Ort war, an dem er ebenso selbstverständlich Spanisch wie die Sprache der Berber sprach, im Haus Idirs ebenso ein- und ausging, wie er im Laden Ernestos war. Vor diesem Hintergrund entwickelt Gregorio Ortega Coto die Geschichte einer Außenseiterkindheit, zwischen klassischen Kinderbekanntschaften und Pablos Anhänglichkeit an seine erwachsenen Freunde. Was diesen Roman vor allem aber so besonders macht, ist, dass es von Anfang an und immer atmosphärisch völlig klar ist, dass dies eine schwule Kindheit ist, unverkennbar in ihren Sehnsüchten, ohne dass dies Pablo als Kind klar sein könnte und ohne dass reflektierende Zusammenhänge hergestellt würden. In dieser Schlichtheit ist »Marokkanische Minze« nicht nur unfasslich schön, sondern auch ein wichtiger Beitrag dazu, zu zeigen, wie wir Schwule uns an uns selbst erinnern. (Veit empfiehlt, Winter 2013)


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Stefanie Zesewitz: Wie ein Versprechen

Stefanie Zesewitz: Wie ein Versprechen

D 2013, 408 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Ende der 1920er Jahre kommt die 18jährige Dina aus der ostfriesischen Provinz zu ihrer Tante in die Großstadt Hamburg. Dort soll sie eine Hauswirtschaftsschule besuchen, doch schon nach wenigen Wochen wird sie der Schule verwiesen. Durch einen glücklichen Zufall kann sie jedoch eine Fotografielehre beginnen - und ihr Lehrherr Siegfried ist bald nicht nur Ausbilder, sondern väterlicher Freund, der sie unterstützt, wo er kann. So bleibt ihm auch nicht verborgen, dass sich Dina in die schillernde Selene verliebt hat und einerseits berauscht und glücklich über diese leidenschaftliche Beziehung, andererseits aber auch deprimiert über Selenes häufiges Verschwinden und abweisendes Verhalten ist. Selene stammt aus reichem Elternhaus und verbirgt offenkundig ein dunkles Geheimnis, das sie oft jäh von einer glühenden Liebhaberin zu einer spröden, ja kalten Person werden lässt. Zunächst glaubt Dina, was Selene ihr über den Grund ihres merkwürdigen Verhaltens sagt: Selene ist nämlich kommunistische Aktivistin, die Auseinandersetzungen bei Demonstrationen mit den feindlichen Nazi-Sympathisanten werden immer brutaler, Dina solle da nicht hineingezogen werden. Doch Dina geht für interessante Fotos einige Gefahren ein, die nächtliche Hamburger Halbwelt ist ihre zweite Heimat geworden, nicht nur, weil sich dort in der Wirtschaftskrise immer noch mit Fotos Geld verdienen lässt. Und so wird Dina Zeugin der bürgerkriegsähnlichen Straßenschlachten, bei denen die Polizei unverhohlen die Nazis deckt, durch die die Weimarer Republik ins Scheitern getrieben wird. Vor allem erkennt Dina aber auch, dass Selenes Schroffheit einen ganz anderen Grund haben muss als den, den sie ihr genannt hatte. Ruhender Pol in Dinas Leben ist während alledem ihre beste Freundin Ida. Doch Idas Gefühle für Dina werden immer intensiver, sodass sich Dina zwischen leidenschaftlicher Liebe zu Selene und verlässlicher Zuneigung zu Ida hin- und hergerissen sieht. Als die Nazis an die Macht kommen, überschlagen sich die Ereignisse: Selene wird als Kommunistin verfolgt, Idas jüdische Familie erkennt die Schreckensherrschaft, die sich anbahnt, und verlässt gerade noch rechtzeitig das Land. Und auch für Dina wird die Lage höchst gefährlich. - Stefanie Zesewitz hat formal einen höchst spannenden historischen Roman vor dem Hintergrund der scheiternden Weimarer Republik geschrieben. Mit der kleinbürgerlichen Dina, der hanseatisch-aristokratischen Selene und der jüdisch-großbürgerlichen Ida hat Stefanie Zesewitz ein schon von dem Aufeinandertreffen der gesellschaftlichen Klassen her interessantes Dreieck geschaffen, dessen Spannungen sich freilich vor allem durch die unterschiedlichen politischen Haltungen der drei jungen Frauen aufbauen. Denn während Selene fast schon ideologisch denkt und handelt, ist Dina eher von einer pragmatischen Aufrichtigkeit geleitet und Selene so gut wie desinteressiert. Doch »Wie ein Versprechen« ist vor allem der Entwicklungsroman einer jungen Frau, Dinas, die vordergründig an ihrer Arbeit reift, tatsächlich aber an der Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen und heftigen Gefühlen wächst, die sie für zwei völlig gegensätzliche Frauen, Selene und Ida, empfindet. Dabei geht der Roman mit diesen Gefühlen fast schon streng rational um: Es gibt keine aufgepeitschten Eifersuchtsszenen, Dinas Verzweiflung wird nie hysterisch, insgesamt bleibt die Darstellung der ebenso romantischen wie häufig erotischen Liebesgeschichte frei von jedem Abgleiten in Kitsch oder Stereotypen. Ein fein erzählter Roman, was sich auch in der Sprache widerspiegelt, einem feinen hanseatischen Duktus, der nur im ersten Eindruck kühl wirkt, aber dann gerade in seiner Zurückgenommenheit seine volle Wirkung und Überzeugungskraft entfaltet. Außerdem scheint an etlichen Stellen Stefanie Zesewitz ihre Figuren in kritischer Auseinandersetzung mit lesbischer Gegenwartsliteratur gezeichnet zu haben. So kann in Dinas Jugendfreund Onno ein literarischer Gegenentwurf zu Karen-Susan Fessels gleichnamiger Figur in »Leise Töne« erkannt werden - solche Momente sind wie ein Schlüssel zum lesbischen Selbstverständnis, von dem Stefanie Zesewitz schreibt. Und so wird »Wie ein Versprechen« von einem historischen fast schon zu einem Gegenwartsroman. (Veit empfiehlt, Winter 2013)


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Inge Lütt: Eine Bratsche geht flöten

Inge Lütt: Eine Bratsche geht flöten

D 2013, 224 S., Broschur, € 12.90
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Querverlag - Quer Criminal16
Inhalt
Ulhart Sansheimer, Bratschist im Suhler Orchester, wird am Bach-Denkmal einer Thüringer Kleinstadt mit einem sauberen Kopfschuss tot aufgefunden. Kommissarin Karin Rogener leitet die Ermittlungen rund um das Musikfestival »Thuringia sonat« und wirbelt mit ihrer ironischen Art und unangenehmen Fragen mächtig Staub auf - ob im Musikarchiv, in der Festivalleitung, der Lokalpresse und Landespolitik oder unter den Orchesterkollegen. Dass die Lebenspartnerin auch noch als Gastsolistin bei den Festwochen auftreten wird, versüßt und kompliziert die Angelegenheit für die Kommissarin um Einiges. Dann muss Rogener erkennen, dass auch in so genannten gehobeneren Kreisen jedes Mittel recht ist, um unliebsame Querulanten aus dem Weg zu räumen und sich einen Platz in der diffizilen Kulturlandschaft zu sichern.
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Stefanie Zesewitz: Wie ein Versprechen

Stefanie Zesewitz: Wie ein Versprechen

D 2013, 408 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
1928 als 18jährige in Hamburg Fotografin zu lernen, ist schon etwas Besonderes. Doch Dina ist begabt, das hat der Fotograf Siegfried Lohmann sofort erkannt. Als Dina die Medizinstudentin Selene kennenlernt, verliebt sie sich nicht nur - in Selene hat Dina die Liebe ihres Lebens gefunden. Doch Selene hat eine dunkle Seite, denn nach intensiven, ebenso erotischen wie glücklichen Tagen verschwindet Selene oft wochenlang und weist Dina oft schroff zurück. Die Empörung ihrer besten Freundin Ida hierüber beschwichtigt Dina regelmäßig - bis ihr Ida gesteht, Dina über alles zu lieben. Zwischen zwei Frauen stehend wird es nach der Machtergreifung der Nazis für Dina jedoch richtig gefährlich, denn Selene ist Kommunistin, engagiert sich für den verbotenen Rotfrontkämpferbund. Eine große Liebesgeschichte vor einem dramatischen Hintergrund.
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Gregorio Ortega Coto: Marokkanische Minze

Gregorio Ortega Coto: Marokkanische Minze

D 2013, 250 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Pablo, ein junger Schwuler aus Barcelona, will endlich wissen, warum seine Mutter nicht über Bab-Qarfa redet, den Militärstützpunkt in Spanisch-Marokko, in dem Pablo geboren und aufgewachsen ist - bis Mutter und Sohn 1956 den Ort nach der Unabhängigkeit Marokkos verließen. Pablo war immer ein in sich gekehrtes Kind, das lieber mit seinen Seidenraupen und den Erwachsenen Idir und dem schwulen Freund der Mutter, Ernesto, spielte. Kinderfreundschaft verband ihn nur mit Naima. Doch was wurde aus seinen Freunden? Entschlossen setzt Pablo jetzt seien Entschluss um: Er kehrt zurück nach Marokko, nach Bab-Qarfa, um sich auf die Suche nach seiner Geschichte zu machen. Ein zart erzählter, wunderschöner Roman über eine schwule Kindheit in einer geheimnisvollen, verschwundenen Welt.
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Sirko Salka: Banal-Sex

Sirko Salka: Banal-Sex

Wieso schwuler Sex harte Arbeit ist. D 2013, 160 S., Broschur, € 16.00
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Inhalt
Wir Schwule denken pausenlos an Sex?! Von wegen! Wir feiern ihn ausgiebig. Und dennoch gibt es ein Leben jenseits von Darkroom, Klappe und Bettkante. Im Kampf für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz haben schwule Männer in den letzten 2 Jahrzehnten oft aus den Augen verloren: Glücklich werden wir nicht, wenn wir normal werden - wir müssen vielmehr eigene Konzepte für ein befriedigendes und selbstbestimmtes Leben vorlegen. Die 7 schwulen Todsünden dabei erklärt dieses Buch. Der Journalist Sirko Salka kennt Theorie und Praxis - Geschlechterstudien an der Humboldt-Uni folgten ausgiebige Feldstudien in Deutschlands schwulster Stadt sowie Redaktionsmitarbeit beim Magazin »Männer« und die Chefredaktion des queeren Stadtmagazins »Siegessäule«.
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Karen-Susan Fessel: Liebe macht anders

Karen-Susan Fessel: Liebe macht anders

Jugendroman. D 2013, 270 S., Broschur, € 10.00
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Inhalt
Anders ist neu in der Klasse. Er sieht super aus und hat etwas Geheimnisvolles an sich. Schnell entwickelt sich eine Liebesgeschichte zwischen ihm und Sanne. Das passt Robert, dem bisher unangefochtenen Sunnyboy und Ex-Freund von Sanne überhaupt nicht und er beginnt in Vergangenheit von Anders zu graben. Da gibt es viele Auffälligkeiten: Nicht nur, dass der Typ keinen Facebook-Account hat - man findet ihn überhaupt nirgends im Netz. Irgendetwas ist da faul! Da entdeckt Robert, dass der Neue intersexuell ist und es wird gefährlich für Anders. Als dumpfer Möchtegern-Macker will Robert seine eigene Männlichkeit beweisen und Anders heillos demütigen. Und Sanne muss hilflos dabei zusehen. Krimi, Liebesgeschichte, ein packendes Jugendbuch!
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Jan Stressenreuter: Wie Jakob die Zeit verlor

Jan Stressenreuter: Wie Jakob die Zeit verlor

D 2013, 280 S., Broschur, € 14.90
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Inhalt
Jakob und Arne sind seit über 10 Jahren zusammen, Jakob hat einen gut gehenden Pflanzenladen und stattet vor allem Büros mit Grünem aus, Arne arbeitet in einem Telekommunikationsbetrieb. Ihre Beziehung bewegt sich in ausgefahrenen Geleisen, sie war ohnehin von Anfang an eher von Zuneigung und Vertrauen denn von Leidenschaft und schäumendem sexuellem Begehren geprägt. Und mit den Jahren haben sich auch viele nervige und die beiden zermürbende Muster in ihre Beziehung eingeschliffen. Das war mit Jakob und seiner ersten, großen Liebe Marius vor über 20 Jahren ganz anders. Jakob und Marius liebten sich innig, wild, hemmungslos, sie hatten Sex an allen möglichen und unmöglichen Orten, ihre Beziehung war einerseits offen für Sex mit anderen, andererseits fühlte sich diese Beziehung fast wie eine exklusive Abhängigkeit an. Doch die Beziehung zu Marius ist vorbei, ein dunkler Schatten aus Jakobs Vergangenheit. Beide hatten sich in den 80er Jahren blind und taub gestellt gegen alles, was man über die sich rasant ausbreitende neue Krankheit AIDS, das sie verursachende HI-Virus und den Schutz vor Ansteckung wissen konnte. Fast schon wie zum Trotz hatten beide ungeschützten Sex mit vielen anderen, in ihrem Rausch an einander und an der Welt schienen sie sich immun gegen jede Anfechtung zu fühlen - ihre positive Diagnose trifft sie darum auch nicht nur wegen der tatsächlichen Lebensbedrohung, sondern auch und umso härter, weil ihre Lebensillusion in sich zusammengebrochen ist. Beide verlieren den Halt im Leben - Marius verweigert sich jeder Behandlung und jeder Vorsichtsmaßnahme, Jakob verliebt sich in einen anderen Kerl und verlässt Marius in seiner größten Not. Erst als Marius im Sterben liegt, kehrt er zu ihm zurück. Marius verloren, noch dazu ihn im Stich gelassen zu haben, liegt seitdem wie ein Nebel über Jakobs Leben, prägt vor allem auch noch nach so vielen Jahren sein Leben mit Arne. Immer wieder misst er Arne an Marius - bis es Arne nicht mehr aushält und einen Schnitt in ihrer Beziehung setzen will. Offenbar haben sich beide in eine ausweglose Situation manövriert, doch da lernen Arne und Jakob unabhängig voneinander den jungen Philipp kennen, der allem eine völlig neue und offene Wendung gibt. - Jan Stressenreuters neuer Roman ist weit mehr als der große Roman der Achtzigerjahre. Geschickt lässt er zunächst die Stimmung der Zeit und das Lebensgefühl in der schwulen Szene vor jedem Kapitel dadurch auferstehen, dass immer eine fiktive Nachrichtensendung vorgeschaltet wird, die jedoch nach den Ereignissen der Weltpolitik die in der Zeit aktuellen Entwicklungen in Bezug auf HIV und AIDS und abschließend die Charts der Pop-Musik bringt. In dieser zeitspezifischen Atmosphäre geht es um Verlust, Leben ohne Perspektive, Hoffnung und unerwartbares Glück. Es ist ein Roman über schwules Selbstbewusstsein, vergangenes und gegenwärtiges, ein Buch, in dem man sich in einzelnen Momenten oder über ganze Passagen finden und selbst beobachten kann. Vor allem aber ist es eine wunderbare und warmherzig erzählte Geschichte über die Verantwortungslosigkeit der Liebe, darüber, wie Liebe rast und zerstört, wo Sex und Begehren aufbauen und wo Vertrauen und Verantwortung erhalten. Für Jakob und Marius gab es nur Liebe - zunächst und vor allem ihre Liebe zueinander, sie schwärmten füreinander, sahen nur sich beide und nur den gegenwärtigen Moment. Diese Liebe machte beide blind - nicht für die Fehler des jeweils anderen, wie die Redensart fälschlich unterstellt, sondern dafür, was eine intime Beziehung jenseits schwärmerischer Liebe ausmacht. Verantwortung und Solidarität blieb hinter der Fixiertheit auf den anderen zurück, zunächst waren sie nur ignorant gegenüber dem Ansteckungsrisiko; und weil Liebe und sexuelles Begehren nicht unterschieden wurden, wurde Marius schließlich von Arne verlassen, als das Begehren für einen anderen stärker wurde. Doch auch, nachdem Jakob seinen Fehler eingesehen hat und zum sterbenden Marius zurückgekehrt ist, sieht er in Marius nichts als den geliebten Menschen. Und so bleibt Jakob auch über Marius' Tod in Liebe blind auf ihn fixiert, seine gegenwärtige Beziehung zu Arne kann er, obwohl er schon viel länger mit ihm zusammen ist, als er es mit Marius war, immer nur im Vergleich zu diesem sehen. Jakob glaubt, seiner Beziehung zu Arne fehle die Liebe, wie er sie mit Marius hatte, und erkennt erst mit dem Auftauchen Philipps, dass schwules Beziehungsleben von viel mehr bestimmt wird und dass sexuelles Begehren, Fürsorge und Verantwortung viel stärker und dauerhafter aneinander binden, als es brennende Liebe immer nur für den Moment je könnte. Erst indem Jakob sich darüber im Klaren wurde, wie er in seiner Liebe zu Marius nur den Moment gesehen hatte und so die Zeit verlor, konnte er wieder Beziehungsfähig werden - und seine Zeit wiederfinden.
Veit empfiehlt - Sommer 2013
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Taschenbuch, € 14.90


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