Löwenherz - die Buchhandlung in Wien. Fachbuchhandlung mit schwulem und lesbischem Sortiment.
 
 
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Jan Stressenreuter: Love to Love You, Baby

Jan Stressenreuter: Love to Love You, Baby

D 2012 (Neuaufl.), 335 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Meine Gedanken nach den ersten Seiten über den Hauptcharakter Tobias waren nicht die freundlichsten. Wie hat Tobias seine Probleme bloß so lang mit Alkohol betäuben können? Ich würde derart viele Probleme unerledigt nicht aushalten können. Wie kann er nach einem durchzechten Wochenende noch halb im Rausch, schlaftrunken und verkatert in die Arbeit fahren. (Er arbeitet bei einer Krankenkasse und ist für die Genehmigung von Kostenersatz zuständig). Er hat kein Verantwortungsgefühl und nimmt keine Rücksicht auf irgendjemanden. Das erste, was ihm einfällt, als sein Freund die nicht allzu lange Beziehung beendet, ist Alkohol, Flucht vor dem Schmerz und vor der eigenen Schuld. Er trinkt dann eine Flasche nach der anderen mit »Niemand-hat-mich-lieb- Musik« als Untermalung. Als dann das flüssige Vergessen ausgetrunken ist, wird die Ersatz-Mutter angerufen um für noch mehr Alkohol zu sorgen und um eine Schulter zum Ausweinen mitzubringen. Tobias ist 39 und hat nie gelernt, mit seinen Problemen umzugehen. Es wird schnell klar, dass der Schmerz der ersten großen Liebe hier eine wichtige Rolle spielt. Dennoch reicht normalerweise eine betrunkene Nacht, da muss nicht gleich das ganze Wochenende ertränkt werden. Die Neugier, was nach diesem Roman-Intro Jan Stressenreuter von seiner Hauptfigur erzählen wird, wovon diese solch einen Schaden davongetragen hat, war dann doch ein großer Antrieb, das Buch wieder aufzunehmen. Ich wurde nicht enttäuscht: Auch wenn es stellenweise anstrengend war, ließ mich die Spannung das Buch immer wieder zur Hand nehmen und ich habe es letztendlich in zwei Zügen ausgelesen. Es lässt sich schon früh erahnen, wovor Tobias davonläuft. Wie bei einem Krimi setzt sich ein Puzzlestein nach dem anderen zusammen, um in einem großen Finale zu gipfeln. Ich werde jetzt noch ganz kribbelig und aufgeregt, beim Lesen habe ich richtig mitgelebt. Ich konnte und wollte auch so richtig in die Geschichte versinken. Tobias muss zurück in die provinzielle Heimat, um seiner Mutter bei der Beerdigung des Vaters zu helfen. Das macht er nur ungern, denn nachdem er mit 17 in die Großstadt geflohen war, hat er es danach nie länger als einen Tag dort ausgehalten und seine kleine Schwester Franziska kennt er hauptsächlich von stundenlangen Telefonaten. Der Grund wohnt gleich gegenüber von seinem Elternhaus: Sebastian, erst Kumpel, dann Geliebter, jetzt manifester Horror. Da Sebastian ein enger Freund der Familie ist und Ersatzbruder für Franziska, lässt sich ein Zusammentreffen nicht vermeiden. Und schon kämpfen sich die ersten Erinnerungen an die Oberfläche. Angefangen wie die beiden sich in der Kindheit kennengelernt haben, wie im pubertären Übermut die Dorfkirche entweiht wird, so durchlebt Tobias Stück für Stück die Vergangenheit. Jetzt, da es kein Entkommen mehr gibt, drängt der Schmerz an die Oberfläche. Jan Stressenreuter hat Courage gezeigt und sich in seinem ersten Roman mit einer Vielzahl, wie ich finde, schwerer Thema befasst, ohne dass einen die Traurigkeit überwältigt. Am Schluss des Buches dachte ich mir schließlich: "Nur eine Seite noch! Das geht sich doch nie aus, ich bin doch noch mitten in der Geschichte." Es ging sich aus, plausibel, vollendet genug, um das Buch mit einem guten Gefühl zu schließen, und offen genug, um sich ein persönlich Ende auszumalen können. Ich habe gerätselt, mich geärgert, geschrien und gelacht, es war ein schönes Erlebnis, das mir Lust aufs nächste Buch gemacht hat. (Michael empfiehlt, Winter 2012/13)
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Taschenbuch, € 14.90

Tania Witte: leben nebenbei

Tania Witte: leben nebenbei

D 2012, 304 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag - Berliner Stadtgeschichten2
Inhalt
»Leben nebenbei« ist Tania Wittes zweiter Roman und knüpft da an, wo ihr erstes Buch »Beziehungsweise Liebe« aufhörte: Marte ist endlich Mutter geworden, die Beziehung zu Tekgül ist freilich ruiniert. Tekgül hatte eine leidenschaftliche SM-Beziehung zu Johanna begonnen, von der sich Johanna eine Lebensgemeinschaft versprochen hatte, von der Tekgül jedoch - eher abgestoßen von Johannas Charakter - nur die sexuelle Ebene sehen wollte. Nicoletta wurde von Liz schwanger, doch ein lesbisches Paar wurden sie nicht. Queere Verwicklungen also allenthalben, allerdings gibt es auch etliche bitteren Momente in »Leben nebenbei«. Und das ist auch gut so, denn dadurch gleitet die Geschichte nicht in ein Pseudo-Idyll einer zwar anstrengenden, aber grundguten Gegenwelt ab, sondern behält die Schroffheit der Realität. Sandyunmanu opfern sich wie gewohnt für ihre Freundinnen auf, bis auch ihnen es zu viel wird und sie trotzig Beziehungstage erklären, an denen sie nur füreinander da sind - nicht, dass sie dadurch unterscheidbarer würden. Tragendes Thema der fortgesetzten Abenteuer des vertrauten Freundinnen-Kreises ist Johannas Versuch, wieder Boden unter den Füßen - und natürlich Tekgül zu gewinnen. Zunächst bricht Johanna aus, lässt ihr gesamtes Umfeld im Unklaren über ihren Aufenthaltsort und geht nach Südafrika. Ihre Wohnung wird derweil treu von Frau Schäfer versorgt, und weil es selbst wenn Johanna zuhause ist, kaum etwas zu reinigen gibt, ist jetzt natürlich noch weniger zu tun. So hat Frau Schäfer genug Zeit, Johannas Aufzeichnungen zu lesen, die sich vornehmlich mit ihren Freundinnen beschäftigen. Und dies minutiös, hat doch Johanna den Tick, selbst bei persönlichsten Gesprächen angeblich zur Konzentrationssteigerung den kompletten Gesprächsverlauf mitzuschreiben. So lernt Frau Schäfer alle unsere Heldinnen kennen, ohne ihnen ein einziges Mal begegnet zu sein. Ein wunderbarer erzählerischer Einfall Tania Wittes, denn so steigt Frau Schäfer zu einer zwar verwickelten aber zugleich unbeteiligten Beobachterin auf. In der Gestalt dieser literarischer Doppelagentin hat sich die Autorin als Leserin selbst in den Roman eingeschlichen und sorgt im dramatischen Finale endgültig dafür, dass zunächst die Roman-Realität entgleitet, weil von vielem nicht mehr klar ist, ob es vielleicht nicht nur Frau Schäfers Leserinnen-Fantasie entsprungen ist. Doch dieser Realitäts-Verlust im Roman steigert nur das Realitäts-Empfinden beim Lesen. Die acht Freundinnen sind für Leserin oder Leser nur noch wirklicher geworden, lesend wurde man endgültig in den Freundinnenkreis hineingezogen. Das hat Tania Wittes Erzählstil natürlich mit vorbereitet, denn wie schon im ersten Teil ist auch die Fortsetzung wieder eine Spoken-Word-Performance, die ebenso eindringlich wie unterhaltsam mit jedem Satz die Sucht nährt, mehr zu lesen und dabei der Vorstellung zu verfallen, in Wahrheit eigentlich zuzuhören. Dass diese Sucht nicht schal wird, verdankt »Leben nebenbei« der völlig unerwarteten Entwicklung von Frau Schäfer, sie ist der große Zugewinn, der hoffentlich im dritten Teil - der jetzt unausweichlich kommen muss - noch für zahlreiche Überraschungen sorgen wird. Beste lesbische Unterhaltungsliteratur also, kurzweilig, intelligent, lebensnah und zugleich phantastisch ungreifbar. (Veit empfiehlt, Winter Katalog 2012)
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Dorit David: Gefühl ohne Namen

Dorit David: Gefühl ohne Namen

D 2012, 250 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Laetitia ist Gebärdensprachdolmetscherin. Ihren 15jährigen Sohn Eric erzieht sie allein. Als sie bei einem Kongress ihre lebenslustige Kollegin Mabel kennen lernt, verliebt sie sich sofort in sie. Nach anfänglichem Zögern entwickelt sich eine intensive Beziehung zwischen den beiden Frauen. Doch Laetitia ist schwer zu bekommen, denn alle in ihrer Familie, Laetitia eingeschlossen, scheinen ständig auf der Flucht zu sein und sich ihrer Umgebung zu entziehen. So wird es für Mabel schwer, zu Laetitia durchzudringen, zunehmend entnervt scheint die Liebe der beiden Frauen aufs höchste gefährdet. Laetitia steht freilich auch unter besonderem Druck. Sowohl zu ihrer Mutter als auch zu ihrem Sohn hat sie ein eher distanziertes Verhältnis. Als ihre Mutter einen Schlaganfall erleidet und im Koma liegt, Eric am gleichen Tag verschwindet und vermutlich nur ihre Mutter weiß, was vorgefallen ist und wohin Eric verschwunden sein könnte, wird Laetitia klar, dass es die Geheimnisse aus der Kindheit ihrer Mutter sind, die als immer wieder als merkwürdige Unklarheiten und abgebrochene Botschaften zunächst ihr Verhältnis zu ihrer Mutter zerstörten. Laetitia muss auch erkennen, dass auch sie sich ganz ähnlich wie ihre Mutter gegenüber ihrem Sohn Eric verhält und so eine fatale Kette familiärer Verhaltensmuster entstanden ist. - »Gefühl ohne Namen« ist vor allem ein sehr ruhig und intensiv erzählter Familienroman, und diese Ruhe kontrastiert im Verlauf der Geschichte der zunehmend spannenden Handlung und der inneren Unruhe und Zerrissenheit vor allem Laetitias. Besonders beeindruckend ist freilich, wie Dorit David die familiäre Weitergabe von Verhaltensmustern, Geheimnissen und stillen Botschaften als eine Geschichte klar beschreibt, dabei aber nie auf eine übergeordnete und analysierende Ebene wechseln muss, um zu erklären, was sie meint. Verdrängen von Erlebtem als Preis für einen eisernen Willen, die Zukunft zu meistern und sich nicht unterkriegen zu lassen, ist das Motiv dieser Muster; Dorit David ist aber weniger an den Ursprüngen interessiert wie an den Folgen. So ist der Roman auch kein Menetekel, was alles Schreckliches geschehen kann, wenn Emotionen unterdrückt werden, Erlebtes verdrängt wird. Vielmehr geht es hier um die Folgen, im Besonderen die Folgen für andere, und genau das macht das Buch so faszinierend. Dabei setzt sich die Autorin eine steile Vorlage: Bis in die Träume hinein haben Mutter, Tochter und Enkel ähnliche Beklemmungen. Diese inhaltlichen Parallelen scheinen zunächst nur esoterisch erklärlich zu sein, doch der Roman überzeugt durch genau den entgegengesetzten Ansatz. Sachlich, nachvollziehbar und plausibel schildert die Autorin, wie sich Muster wiederholen und dabei ähnliche Inhalte in Vorstellungen, Träumen und Fantasien hervorrufen. So gelesen ist »Gefühl ohne Namen« eine moderne Antwort auf die vormodern-religiöse Konzeption des Fluchs, der auf einer Person oder Familie liegt. Das Scheitern der Sprache steht dabei immer wieder im Vordergrund und wird im Roman durch die oft größeren Möglichkeiten der Gebärdensprache verdeutlicht - noch ein schöner Kontrast des Buches, denn um eine schöne Sprache ist die Autorin in Wahrheit nie verlegen. Ein Buch zum Eintauchen und lange darüber Nachdenken. (Veit empfiehlt, Winter Katalog 2012)
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Taschenbuch, € 14.90

Roland Gramling: Auf dem Sprung

Roland Gramling: Auf dem Sprung

D 2012, 400 S., Broschur, € 14.90
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Inhalt
Es ist so richtig heimelig geworden in der Ackerpflaumenallee 33. Luke hat sich in der Szene ausgetobt und endlich in Cem einen lieben Freund gefunden, Meiko ist als besessenster Party-Schwuler der Stadt mit der Übernahme eines Szenelokals seiner Bestimmung gefolgt, Schwulenmutti Tina ist endlich glücklich mit Jörg zusammen, Tom und Marco wollen tatsächlich heiraten und Sarah ist nicht nur als Polizistin erfolgreich, sondern scheint auch über ihre (gescheiterte) große Liebe hinweg zu finden. Alles scheint sich also konsolidiert zu haben, Lebenswege scheinen vorgezeichnet, ein queeres Idyll, in dem wir einfach weiterträumen wollen. Doch kaum hat Luke - frisch von der Uni - seine erste Stelle angetreten, wird seine Beziehung mit Cem einer harten Probe unterzogen. Patrick ist nicht nur sein Vorgesetzter, sondern nach einer ersten geilen Nacht zu dritt Dauergast im gemeinsamen Bett. Doch was erwarten sich die drei voneinander? Hat ihre Beziehung zu dritt eine Perspektive? Zugleich hat Tom wieder einmal Panik vor einer allzu festen Bindung: Schon einmal hat ihm ein Mann einen Heiratsantrag gemacht, die Feier war schon vorbereitet - da trat Marco in sein Leben und stieß alles über den Haufen. Völlig betrunken weint er sich bei seiner besten Freundin Sarah aus - beiden ist am Morgen danach schleierhaft, wie sie (Schwuler vom Typ 6 der Kinsey-Skala und eingefleischte Lesbe) dazu kommen konnten, Sex miteinander zu haben. Und als sich kurz darauf herausstellt, dass Sarah schwanger ist, haben beide ein handfestes Problem damit, wie sie sich selbst sehen - und wie sie von anderen gesehen werden wollen. Marco sucht sein Heil in einem Trip nach Wien, und bei einer SM-Session im ersten Bezirk wird ihm klar, wohin er gehören will. Für Sarah kommt noch hinzu, dass eine Frau, mit der sie eine Sex-Beziehung hat, sich zur Stalkerin entwickelt - eine heikle Situation für die junge Polizistin. Doch dies sind beileibe nicht alle und nicht die dramatischsten Veränderungen, die der lesbischschwule Freundeskreis erleben muss. - Roland Gramling hat einen grandiosen Abschlussband seiner Stadtgeschichten geschrieben, kein Stein bleibt auf dem anderen - und doch sind es weiter die liebevollen Episoden guter alter Freunde, von denen man etliche schon meint getroffen zu haben. Dabei scheut sich Roland Gramling nicht, heikle und sperrige Themen aufzugreifen: Tod, ungewollte (und dann obsessiv überhöhte) Elternschaft, psychische Krankheiten durchziehen den Roman, der aber wie seine beiden Vorgänger weiterhin leicht und völlig unverkrampft eine gute Unterhaltungslektüre ist - ganz nach dem großen Vorbild, der »Stadtgeschichten« von Armistead Maupin. Neben seiner mutigen Themenwahl ist es vor allem sein Erzählstil, der mich diesmal beeindruckt hat: Roland Gramling konnte zwar immer schon flott schreiben, jetzt aber ist der Erzählfluss rasant und packend, die verschiedenen Handlungsstränge sind rhythmisch stimmig auf einander abgestimmt, sie entwickeln ein losgelöstes Eigenleben, um dann doch wieder miteinander in Beziehung gesetzt zu werden. Dabei bleibt er seinem Genre, dem unterhaltenden Spielen mit vermeintlichen Klischees und Stereotypen, treu, seine Geschichten sind immer wieder ein klarer und unverzerrter Spiegel gegenwärtigen schwulen Lebens. Für mich ist Roland Gramling der deutschsprachige schwule Autor, der sich in den letzten Jahren am stärksten über seine Romane hin entwikkelt hat, seine Geschichten verstehen zu fesseln und unversehens fragt man sich immer, ob man nicht selbst so etwas erleben wollte oder könnte. Ein starker Beitrag zum schwulen Leben. (Veit empfiehlt, Winter Katalog 2012)
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Taschenbuch, € 14.90

Roland Brodbeck: Plötzlich royal

Roland Brodbeck: Plötzlich royal

D 2012, 360 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Sascha wächst in der Schweiz auf und ist mit Anfang 20 so etwas wie der Vorzeigeschwule des Landes: Er sieht blendend aus, hat einen schnuckeligen Freund, den er gerade geheiratet hat, ist Reservist bei der Schweizer Armee und hat dort eine Gruppe schwuler Offiziere gegründet. Sein Physikstudium absolviert er zwar glanzlos, so richtig einen Plan fürs Berufsleben hat Sascha noch nicht - seine königliche Herkunft ist jedenfalls kein Thema für ihn, glaubt er sich doch durch die unschickliche Heirat seiner Mutter für immer aus der Erbfolge ausgeschlossen. Denn - so die Roman-Fiktion - Prinz Charles hat einen älteren Zwillingsbruder George, der Charles in der monarchischen Erbfolge natürlich vorgeht. Georges Tochter und Saschas Mutter freilich hat einen Schweizer Milliardär geheiratet - doch der ist katholisch, so dass sie den Hof verlassen muss und keine Ansprüche mehr auf den Thron geltend machen kann. So wähnt sich Sascha trotz königlicher Abkunft frei von allen Zwängen der verstaubten Monarchie. Doch da kommt das britische Parlament zur Erkenntnis, dass der einschlägige Absatz im Act of Settlement anders ausgelegt werden muss: Zwar bleibt seine Mutter weiterhin außen vor, doch Sascha selbst wird Nummer 2 der königlichen Erbfolge. Nun überstürzen sich die Ereignisse. Erst einmal muss Sascha mit seinem Lover zur Queen fliegen, damit sein Angetrauter geadelt wird - es muss ja schließlich alles seine Ordnung haben. Doch das ist zu viel für die alte Dame, sie stirbt nur wenig später. Und schon während der Krönungsparade wird auf Saschas Großvater ein Attentat verübt, dem dieser nach einigen Wochen erliegt. Unversehens hat Großbritannien mit Sascha nicht nur einen offen schwulen König, sondern noch dazu einen, der sich weiter für Lesben und Schwule engagiert und sich auch in seiner Amtsführung nicht von seinem schwulen Auftreten abbringen lässt. Zwar fliegen ihm viele Herzen zu, doch Sascha hat als Schwuler auch viele Feinde. Eine üble Mésalliance homophober Staaten und Organisationen können sich mit ihm auf dem britischen Thron nicht abfinden. Und so beginnt für Sascha und seinen Freund ein Abenteuer, bei dem es schließlich auch um ihr Leben gehen wird. - Roland Brodbecks Roman ist eine bezaubernde Was-Wäre-Wenn-Geschichte, denn ihm gelingt dabei eine ganz besondere Balance. Einerseits ist der Plot nämlich völlig realistisch: Brodbeck kommt mit der fiktiven Grundannahme des älteren Zwillingsbruders von Prinz Charles und dessen katholisch verheirateter Tochter aus, um dann durchzuspielen, was eigentlich geschieht, wenn ein offen schwuler Mann Englands Thron besteigt. Denn es gibt nicht nur skurrile Verwicklungen, über die man herzlich lachen kann, wenn ein charmanter Kerl wie Sascha sich über Konventionen hinwegsetzt. Wie reagieren die Ewig-Gestrigen zum Beispiel in der Church of England, dessen Oberhaupt auf einmal ein Schwuler ist? Was wird aus dem Commonwealth, in dem sich auch Staaten wie Jamaika finden, das Homosexualität mit harten und langen Haftstrafen bedroht? Sehr intelligent - und leider auch sehr realistisch - zeigt Brodbeck auf, wie sich fortschrittsfeindliche Gruppierungen, Staaten und Organisationen teils aus eigenem Schwulenhass, teils aus blankem Opportunismus zusammenfinden und zu terroristischen Vereinigungen werden können. Dieses realistisch gehaltene Szenario wird aber andererseits in einer völlig vereinnahmenden Leichtigkeit präsentiert. Saschas lockere Art (und natürlich auch sein loses Mundwerk) tragen einen Gutteil zu dieser Leichtigkeit bei, denn der Roman ist in Ich-Perspektive Saschas geschrieben. Sascha ist nämlich nicht nur ein Wonneproppen, sondern auch ein zupackender Kerl. Und so pendelt der Roman zwischen Action und sarkastischen Kommentaren, zwischen harten Wahrheiten und unerschrockener Lebensfreude. Ein spannendes Leseerlebnis, das an das gebannte Schauen von Queer As Folk erinnert. (Veit empfiehlt, Winter Katalog 2012)
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Taschenbuch, € 14.90

Karen-Susan Fessel: Steingesicht

Karen-Susan Fessel: Steingesicht

D 2012, 192 S., Broschur, € 9.90
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Querverlag
Inhalt
»Steingesicht« nennt ihre Tante Wanda sie, weil Leontine nie eine Miene verzieht, egal, was passiert. Und erst mal passiert auch nicht viel Gutes, seit sie aus Berlin aufs Land zu Wanda ziehen musste. Leo findet alles vollkommen daneben - die neue brave Schule, ihre kindischen Klassenkameraden, das langweilige Kaff, in dem sie jetzt leben muss. Und so baut sie lauter Mist, eckt überall an und stellt dann auch noch zu allem Überfluss fest, dass sie Mädchen besser findet als Jungs. Lässig, überaus spannend und temperamentvoll erzählt: der preisgekrönte lesbische Jugendroman von Karen-Susan Fessel endlich als Taschenbuch!
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Roland Brodbeck: Plötzlich royal

Roland Brodbeck: Plötzlich royal

D 2012, 360 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag
Inhalt
Der Schweizer Student Sascha Burger weiß zwar, dass er der Urenkel der britischen Königin Elisabeth II. ist, doch wirklich ernst genommen hat er seine Familiengeschichte bisher nicht. Immerhin wurde sein Zweig vom königlichen Stammbaum abgesägt, da seine britische Mutter einen katholischen Schweizer Finanzier heiratete. Völlig unvorbereitet trifft ihn daher die Nachricht aus Großbritannien, er sei nun doch nicht aus der Thronfolgeliste gestrichen worden. Somit könnte Sascha nun theoretisch der übernächste britische König werden. Eine Audienz bei Sir Geoffrey von der royalen Prinzenaufsicht und sogar bei der Queen ist jetzt unausweichlich. Sascha und sein Lebenspartner Simon geraten in ein Kreuzfeuer zwischen konservativ-religiösen Monarchisten und Paparazzi, denn bei einer Institution wie dem britischen Königshaus wundert es nicht, dass es erheblichen Widerstand aus vielen Richtungen gegen einen schwulen König mit angetrautem Prinzgemahl gibt. Mit seinem »Was wäre wenn?«-Szenario schafft Roland Brodbeck eine unerwartete und spannungsgeladene Situation, in der die Weltgeschichte völlig neu geschrieben werden müsste. Eins ist aber klar: The queen is not amused!
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Tania Witte: leben nebenbei

Tania Witte: leben nebenbei

D 2012, 304 S., Broschur, € 14.90
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Querverlag - Berliner Stadtgeschichten2
Inhalt
Die exaltierte Karrierefrau Johanna ist spurlos verschwunden. Als ihre Haushaltshilfe Frau Schäfer merkt, dass niemand ihre Arbeitgeberin vermisst, wirft sie jede Diskretion über Bord und sich selbst ins Geschehen. Auch die frischgebackene Mutter Marte wird von dem Strudel, den das Leben erzeugt, in unverhoffte Abgründe gezogen, und die besonnene Nicoletta kämpft mit Rollenerwartungen und der Frage, die auch die schöne Tekgül umtreibt: Kann ein Mensch sich willentlich entlieben? Berlin, Erkner, Island, Johannesburg und ein Dorf bei Ingolstadt - die Irrungen des Lebens würfeln den lesbischen Freundinnenkreis durch die Welt und am Ende landen alle da, wo es am meisten weh tut: bei sich selbst. In »leben nebenbei« verzaubert die quirlig-queere Autorin Tania Witte ihre Leserinnen und Leser erneut durch ihre lebendige Sprachkunst - doch neben dem Stil sind es vor allem die Geschichten um Nicoletta und ihre Freundinnen, für die man dieses Buch lieben wird.
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