Doublefeature



»Coming-out meets Jäger & Eroberer«
Marcus Brühl liest aus seinem Coming-out-Roman »Henningstadt« und Hans Stempel & Martin Ripkens lesen aus ihrem Lebensbericht »Das Glück ist kein Haustier«.

Montag - 10. Juni - 20.00 Uhr
Casanova Revue Theater - Dorotheergasse 6-8 - 1010 Wien
Eintritt frei!

Henning ist 17 Jahre alt und lebt in der Provinz. Ausgerechnet, als seine "beste Freundin" sich für eine feste Beziehung mit ihm entscheidet, merkt er, dass er schwul ist, und er versucht, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Henning findet sein platonisches Verhältnis mit Isabell sehr praktisch: er ist irgendwie in "festen Händen" und doch frei von Verpflichtungen. Als er eines Nachts im Park erlebt, was einige Männer in den Büschen treiben, bringt ihn das auf neue Gedanken. In der Stadtbücherei findet er einen Handzettel der örtlichen Schwulengruppe, und mit Schmetterlingen im Bauch macht er sich auf den Weg dorthin.

Stefan hat gerade eine Beziehung hinter sich, und er ist nicht besonders scharf darauf, sich um einen Siebzehnjährigen ohne Erfahrung zu kümmern. Als er schließlich dem naiven Charme Hennings erlegen ist, wird ihm dessen Bedürfnis nach Nähe schnell unheimlich, und er flieht nach Berlin. Henning fährt kurzentschlossen hinterher, und am Küchentisch von Stefans Freundin Tete wird alles gut. Mit "Henningstadt" hat der junge Marcus Brühl den besten und witzigsten Coming-Out-Roman der letzten Jahre geschrieben. »Marcus Brühl gelingt es, das Lebensgefühl einer jungen Generation auf den Punkt zu bringen, das man mit einer gewissen ,Leichtigkeit des Schwulseins' beschreiben könnte, die aber noch ein gutes Stück von Selbstverständlichkeit entfernt ist.« (Rolf G. Klaiber in Sergej.münchen)

Hans Stempel und Martin Ripkens lernten sich vor einer Klappe im Mief der bundesrepublikanischen 50er Jahre kennen. Seitdem haben sie zusammen gelebt und gearbeitet; unter anderem haben sie die schwulen Anthologien »Ach Kerl, ich krieg' dich nicht aus dem Kopf« und »Hyperion am Bahnhof Zoo« heraus gegeben. In »Das Glück ist kein Haustier« erzählen sie von ihrem gemeinsamen Leben, abwechselnd einmal Hans, einmal Martin, oft von den gleichen Begebenheiten. Das macht den literarischen Reiz dieses Lebensberichts aus. Denn zwar erkennt man das Gemeinsame im Erlebten, jedoch bleiben beide Perspektiven eigenständig, und es ist ein großes Lesevergnügen, die Ereignisse zu einer neuen, dritten Beobachtung zusammen zu führen.

Vor allem aber erfrischt die Lebenseinstellung der beiden Autoren. Jenseits jeder Spießigkeit berichten sie von den Menschen, die ihnen begegneten, von ihren Spurensuchen nach schwuler Subkultur. »Das Glück ist kein Haustier« ist ihr Motto: Wer das Glück sucht, kann es sich nicht einrichten, nichts ist sicher, alles muss ständig neu gewagt und riskiert werden.

Das gilt vor allem für den Menschen, den man liebt: Nichts ist trauriger als die Gewissheit, dass sich ohnehin nichts ändern wird. Das erfrischt doch - gerade in einer Zeit, wo Schwule und Lesben sich auf die Einführung diverser Ehederivate freuen sollen. Und so ist ihr Schluss: »Wir wissen, dass unsere Beziehung schmerzlich endet, dass uns ein dritter Mann trennen wird, vielleicht kein Detlev, Juan oder Thomas, aber gewiss der Tod.« Bis dahin gehen sie Detlev, Juan oder Thomas freilich nicht aus dem Weg.

Marcus Brühl: Henningstadt.
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Hans Stempel & Martin Ripkens: Das Glück ist kein Haustier.
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